Rentner klaut Spargel – und verklagt den „Verräter“
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So läuft die reguläre Spargelernte auf dem Gut Herrenhölzer.
© Quelle: Frank Bürstenbinder
Brandenburg/H. Was ist passiert im vergangenen Mai nahe dem Elbe-Havel-Kanal auf dem Feld des Spargelhofes Herrenhölzer bei Bensdorf? Das Amtsgericht Brandenburg muss klären, ob ein ertappter mutmaßlicher Spargeldieb tatsächlich einen Kinnhaken versetzt bekommen hat.
Das behauptet der 78 Jahre alte Rentner aus Genthin, der die mutmaßliche Körperverletzung angezeigt hat. Sein Widerpart, der 40 Jahre alte Angeklagte, bestreitet einen solchen Angriff vehement und äußert sich vor Gericht stark getroffen von den Anschuldigungen.
Zweimal sind sich die beiden Männer begegnet, deren Schilderungen des Zusammentreffens ganz unterschiedlich ausfallen.
Rentnerpaar bedient sich beim Spargel
Der nicht vorbestrafte Angeklagte übt die Jagd aus im Revier des Spargelguts. Auf einer seiner Revierrunden im vergangenen Mai fällt ihm ein älteres Paar auf, das sich auf einem Maisacker im Spargelkomposthaufen bedient und die Feldfrucht in die mitgebrachten Kisten füllt.
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In diesem Haufen auf einem Feld des Gutes Herrenhölzer hatte der Rentner Spargelstangen aufgesammelt.
© Quelle: Privat
Er weist die Rentner aus Genthin darauf hin, dass sie einen Diebstahl begehen. Denn die Stangen seien Eigentum des Spargelhofes Herrenhölzer.
Der aufmerksame Jäger kippte den Spargel aus der Kiste und informierte den Betriebsleiter. Das Rentnerpaar fuhr davon, alles schien erledigt. Doch einige Tage oder Wochen später entdeckte der Angeklagte das gleiche Auto und sah denselben Rentner, der wieder Spargel in einen Eimer gefüllt habe.
Keinen Grund zuzuschlagen
Nach Angaben seines Rechtsanwaltes Simon Daniel Schmedes wies er den Fremden erneut zurecht, diesmal aus größerer Entfernung. Er rief diesmal per Handy den Betriebsleiter hinzu, der auch erschien und dem mutmaßlichen Spargeldieb eine Anzeige wegen Diebstahl und Flurschädigung in Aussicht stellte.
Der in geordneten Verhältnissen lebende Angeklagte versichert dem Richter im Amtsgericht Brandenburg, dass er zu keinem Zeitpunkt einen Grund gehabt habe, den anderen zu schlagen. Das habe er nicht getan, der ganze Prozess sei für ihn daher eine riesige persönliche Belastung.
In dem Moment sei der junge Mann mit seinem Auto ganz dicht vorgefahren und habe in barschem Ton gesagt: „Du kramst schon wieder im Spargel rum. Jetzt flippe ich aus.“ Im nächsten Moment habe der andere ihm mit der Faust aufs Kinn geschlagen, sodass er einen Moment lang wie benommen gewesen sei.
Hörgerät und Zahnkrone weg
Erst später habe er festgestellt, dass er bei diesem körperlichen Angriff sein Hörgerät im linken Ohr verloren habe und die Krone eines Zahnes abgesprungen sei. Diese habe er später am Tag in dem Taschentuch gefunden, mit dem er sich den Mund nach dem Schlag abgewischt hatte.
War es ein Schlag oder doch nur Schimpfe? Richter Hentschke weiß, dass nur einer der beiden Männer die Wahrheit gesagt haben kann. Für beide Aussagen gibt es Anhaltspunkte.
Der Betriebsleiter und sein damaliger Begleiter sollen beim nächsten Prozesstermin als Zeugen aussagen, um der Wahrheit näherzukommen.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ