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Beteiligung in Potsdamaushalt

Beschlossen, aber kaum umsetzbar: Probleme im Potsdamer Bürgerhaushalt

Kein städtisches Geld für die Garnisonkirche: Auch in diesem Jahr PLatz 1 im Bürgerhaushalt.

Kein städtisches Geld für die Garnisonkirche: Auch in diesem Jahr PLatz 1 im Bürgerhaushalt.

Potsdam. Die Potsdamer Stadtverordneten haben über den Bürgerhaushalt und damit die 20 wichtigsten Vorschläge der Potsdamer für 2023 und 2024 entschieden. 15 der Projekte sollen weiter verfolgt werden, fünf erhielten keine Mehrheit.

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Die ausgesprochen aufwendig eingeholten und abgestimmten Vorschläge werden von den Fraktionen unterschiedlich bewertet. „Wir erkennen den Wert des Bürgerhaushalts an. Er ist gut geeignet, um Stimmungsbilder aus der Bevölkerung einzufangen, denn es gibt ja nicht sehr viele Bürgerbefragungen“, sagte Sara Krieg (Die Andere). Die Politik müsse sich bewusst machen, dass die etwa 14.000 Teilnehmenden am Bürgerhaushalt nicht die Bevölkerung repräsentieren, befand hingegen Saskia Hüneke (Grüne), deshalb müsse man darüber nachdenken, wie man konkret wohnortnah Entscheidungen treffen könnte. Ein Stimmungsbild solle der Bürgerhaushalt eben gerade nicht sein, auch wenn er manchmal so aufgefasst werde.

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Zwei Probleme des Potsdamer Bürgerhaushalts

Insgesamt hat der Bürgerhaushalt zwei große Probleme: Erstens ist die Teilnahme unübersichtlich und aufwendig. In mehreren Runden und Kategorien können Vorschläge eingereicht werden, alljährlich muss dann ein Redaktionsteam die Ideen sichten, sortieren und inhaltsgleiche Projekte zusammenfassen. Später erfolgt die Abstimmung online oder per Post, nicht wenige Bürger dürften dann längst das Interesse verloren haben. Zweitens verfügt der Bürgerhaushalt über keinen eigenen finanziellen Hintergrund. Alle Projekte, die Geld kosten, müssen noch einmal im eigentlichen Haushalt der Stadt abgebildet werden, sie brauchen eine Gegenfinanzierung – immer wieder wurden deshalb von den Bürgern gewünschte und von den Stadtverordneten beschlossene Bürgerhaushalt-Renner nicht umgesetzt, so etwa der Bücherbus für die Stadtteile, die weit entfernt von den Filialen der Stadt- und Landesbibliothek liegen.

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Ein aktuelles Beispiel: 45.000 Euro hat das Rathaus für eine bürgernähere, digitalere Verwaltung veranschlagt, dazu kämen Kosten von 50.000 Euro pro laufendem Jahr. Platz zwei und Platz sechs im Bürgerhaushalt befassen sich mit spürbaren Verbesserungen im Rathausservice – das Thema brennt den Potsdamern ganz offenbar auf den Nägeln. Die SVV hat beiden Vorschlägen auch mit großer Mehrheit zugestimmt, es bleibt offen, wann und wie die Verbesserungen angegangen werden können.

Ablehnung für Havelspange

Andere konkrete Vorschläge wurden zu Prüfaufträgen, statt die Chance auf eine direkte Umsetzung zu erhalten. Wieder andere wurden von den Stadtverordneten rundweg abgelehnt, obwohl zahlreiche Bürger sie offenbar befürworten – die Umgehungsstraße für Potsdam inklusive der sogenannten Havelspange, ein Abführen von Gewinnen der Stadtwerke in die Stadtkasse, ein Parkeintritt für Sanssouci, die Sanierung des Staudenhofs sowie der Bau von Turnhallen, die ausschließlich dem Freizeit- und Breitensport zur Verfügung stehen.

Tatsächlich sind die abgelehnten Maßnahmen rechtlich oder technisch fast alle nicht umsetzbar – der Zuspruch für die Ideen macht die Stadtverordneten jedoch ebenso nachdenklich wie die Nichtumsetzung der vergangenen Jahre. „Wir müssen darauf achten, dass die Erfahrungen, die wir im Lauf des Jahres gewonnen haben, nicht zu einer formalen Herangehensweise führen“, sagte Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke). „Möglichst viele Bürger sollten zum Mitmachen motiviert werden. Man hat hier Einfluss und kann wirklich mitbestimmen“, so Scharfenberg. Matthias Finken (CDU) hat beobachtet, dass die beteiligten Potsdamer im Zuge des Bürgerhaushalts „Abläufe aus Verwaltung und Kommunalpolitik überhaupt einmal erlebt und kennengelernt haben“.

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Eigenes Geld für den Bürgerhaushalt?

Ein Antrag der Sozial.Linken, den Bürgerhaushalt künftig mit einer eigenen Kasse auszustatten, kam in der Stadtverordnetenversammlung dieses Mal nicht eigenständig zur Sprache, wurde aber vom Kommunalpolitiker Sascha Krämer noch einmal beworben. „Leider stehen die Vorschläge unter Haushaltsvorbehalt. Trotz starker Voten besteht erneut die Gefahr, dass die Vorschläge nicht umgesetzt werden können. Daher halten wir eine Weiterentwicklung des Bürgerhaushaltes für elementar“, so die Begründung der Fraktion. Doch dies sei gar nicht so einfach möglich, sagt die Verwaltung: Die Entscheidungshoheit über den Haushalt der Landeshauptstadt liegt „uneingeschränkt bei der SVV. Ein losgelöstes Budget ist dementsprechend ausgeschlossen“. Der „Bürgerhaushalt“ sei zudem eine freiwillige Leistung – diese stehen bei den Sparmaßnahmen angesichts der klammen Stadtkasse bekanntlich ganz oben.

Abhilfe schaffen sollen die sogenannten Bürger-Budgets für die einzelnen Stadtteile, die abwechselnd mit dem Bürgerhaushalt greifen: kleinteilige Projekte vor Ort können so vergleichsweise schnell umgesetzt werden, der Frustfaktor sinkt. So stehen beispielsweise am Stern und in Drewitz 18.000 Euro bereit, von denen noch in diesem Jahr unter anderem Mülleimer am Priesterweg, eine Info-Tafel im Konrad-Wolf-Park und der Ausbau des Sommergartens am Bürgerhaus Sternzeichen finanziert werden sollen.

MAZ

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