Das Geld hinter dem geplanten „Creative Village“
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Bis 2022 sollen auf der RAW-Brache hinter der Bahntrasse rund 1000 Arbeitsplätze entstehen.
© Quelle: Friedrich Bungert
Babelsberg. Nach den Vorwürfen der Geldwäsche und intransparenter Beteiligungsverhältnisse will Mirco Nauheimer, der Geschäftsführer der „The RAW Potsdam GmbH“, die Anschuldigungen des Netzwerks „Stadtmitte für Potsdam“ entkräften und um Vertrauen für das Projekt werben.
Geschäftsführer legt Dokumente über Eigentümerverhältnisse vor
Dazu hat er der MAZ jetzt einen Einblick in die Hintergründe der Gesellschaft und des unbekannten Investors gegeben, der die brachstehende Industriehalle des früheren Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) in der Friedrich-Engels-Straße zu einem Standort der Digitalwirtschaft machen will. Nauheimer hat zudem weitere Projekte für Potsdam angekündigt.
Das Netzwerk äußerte Befürchtungen, dass die Stadt die tatsächlichen Geldgeber und Eigentümer nicht erkennen könne und möglicherweise „Geld aus kriminellen Geschäften und Korruption“ investiert würde.
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Am höchsten Punkt soll der Neubau 33 Meter hoch werden.
© Quelle: Jürgen Mayer H
Rohstoffhändler aus Riga investiert in Potsdam
Geschäftsführer Mirco Nauheimer hat der MAZ jetzt Dokumente vorgelegt, die diesen Vorwurf entkräften sollen. Die Firma ist demnach zu 100 Prozent in der Hand einer Gesellschaft, die in der zur Europäischen Union gehörigen Republik Zypern registriert ist. Diese Gesellschaft wiederum gehört vollständig dem bislang unbekannten privaten Investor – im Finanzdeutsch dem sogenannten „wirtschaftlich Berechtigten“.
Das geht aus Treuhandverträgen zwischen dem Investor und der Geschäftsführung der zypriotischen Firma sowie notariellen Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz hervor, die beim Ankauf des Grundstücks erfolgten.
Notarielle Prüfung war für den Ankauf des Grundstücks nötig
Für sechs Millionen Euro erwarb der Investor die Fläche Ende 2017 vom Potsdamer Immobilienunternehmen Semmelhaack. „Als Eigentümer haben wir die notarielle Geldwäsche-Prüfung beim Ankauf erfolgreich bestanden“, sagt Nauheimer. Auch die Mittelbrandenburgische Sparkasse habe die Nachweise über die Herkunft des Geldes für den Ankauf akzeptiert. Der Stadtverwaltung liegen die Dokumente ebenfalls vor, die sie selbst prüfen lässt.
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Mirco Nauheimer (rechts), Geschäftsführer der The RAW Potsdam GmbH, stellte Anfang des Jahres
© Quelle: Bernd Gartenschläger
Großbanken: Investor kreditwürdig in dreistelliger Millionenhöhe
„Dass die Gesellschaft ihren Sitz auf Zypern hat, hat steuerliche Gründe“, räumt Nauheimer ein, will aber klarstellen: „Hinter dem RAW-Projekt steckt kein Fonds und wir setzen auch kein Fremdkapital ein. Die Quelle des Geldes entstammt Gewinnen eines Unternehmens, dass sich ebenfalls vollständig im Besitz des wirtschaftlich Berechtigten befindet.“ Mehrere europäische Großbanken bestätigen in Schreiben aus dem Dezember 2018 die langjährige Zusammenarbeit, „Verlässlichkeit“ sowie „finanzielle Stärke und Kreditwürdigkeit“ des Mannes im dreistelligen Millionenbereich.
Eckdaten zum Innovationsstandort
37.000 Quadratmeter Fläche für verschiedene Gewerbe und Nutzungen stehen zur Verfügung. Im Denkmal entsteht ein Veranstaltungssaal für bis zu 500 Menschen. Im großen Neubauriegel ist ein Discounter mit 800 Quadratmeter Verkaufsfläche vorgesehen. Außerdem ist ein Langzeithotel mit 2000 Quadratmeter Fläche für Nutzer des Standorts geplant. Etwa 100 Millionen Euro sollen Neubau und Sanierung kosten. Rund 1000 Arbeitsplätze würden entstehen. Der Entwurf stammt vom Architekten Jürgen Mayer H., der sich gegen ein Dutzend andere Büros in einem internen Wettbewerb durchgesetzt hatte.
Trotz der Gerüchte um den Hintergrund des Geldes will der Investor wegen Sicherheitsbedenken gegenüber seiner Familie weiterhin nicht genannt werden. Nauheimer schloss aber nicht aus, dass er sich in der Zukunft in Potsdam der Öffentlichkeit präsentiert. Soviel kann Nauheimer über ihn verraten: Er wurde in der lettischen Hauptstadt Riga geboren und entstammt der bürgerlichen Mittelschicht. „Hinter dem Geld steckt kein politisches Amt in seiner Familie zur irgendeinem Zeitpunkt“, sagt Nauheimer.
Investor ging nach dem Ende der Sowjetunion von Riga nach London
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus sei der Investor als junger Mann nach London gegangen. Nach Studium und Ausbildung machte er sein Geld vor allem im Rohstoffhandel, insbesondere mit Öl auf dem asiatischen Markt, wodurch er ein milliardenschweres Unternehmen aufgebaut hat. Aus dessen Gewinnen, die Nauheimer mit Hilfe eines Wirtschaftsprüfungsberichtes glaubhaft machen kann, stamme das Geld für das Potsdamer RAW-Projekt.
„Er hat aber auch in andere Firmen und vor allem in den USA und Israel in Hightech investiert“, sagt Nauheimer. Er habe Wohnsitze in London, der Schweiz und an der französischen Mittelmeerküste und engagiere sich wohltätig „in Medizin, Sport und Bildung“. Der Potsdamer Geschäftsführer lernte den Investor 2013 durch ein gemeinsames Immobilienprojekt in Deutschland kennen.
Hightech-Firmen aus Korea und Japan wollen ins RAW ziehen
„Wir sind noch an mindestens zwei weitere Projekten in ähnlicher Größenordnung in Potsdam interessiert“, kündigte Nauheimer der MAZ an. Eines sei eine weitere Gewerbeansiedlung. Außerdem wolle man einen neuen Wohnstandort mit 600 Wohnungen „in zentraler Lage“ errichten.
Außerdem verriet er mehr über die zwei Hightech-Firmen, die jeweils 300 und 400 Arbeitsplätze im RAW schaffen wollen. „Es handelt sich um bekannte Hightech-Firmen aus Korea und Japan, die in Deutschland in Hamburg und Berlin ansässig sind“, verrät Nauheimer. Eine davon sei im Bereich der Augmented Reality, der virtuell erweiterten Realität, tätig. Diese Firma würde bei einer Ansiedlung in Potsdam einen 75 Millionen Euro starken Fonds auflegen, um Start-Ups und Anwendungen im Digitalbereich zu fördern.
Ankermieter an Absolventen des Hasso-Plattner-Instituts interessiert
„Diese Firmen suchen die Nähe zum Hasso-Plattner-Institut und wollen dessen hochbegehrte Absolventen haben“, begründet Nauheimer das Interesse der Firmen an Potsdam. Bislang gibt es mit den zwei potenziellen Ankermietern keine Verträge, sondern eine mündliche Vereinbarung, „einen Handshake“, wie Nauheimer sagt.
Weil die beiden Firmen bei größeren Verzögerungen nicht nach Potsdam, sondern stattdessen nach Hamburg gehen würden, stehe die RAW Potsdam GmbH unter Zeitdruck mit dem Projekt – auch das ein Grund für den Schritt Nauheimers in die Öffentlichkeit.
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Von der Friedrich-Engels-Straße sähe das Areal künftig so aus. Der Neubauriegel überspannt die historische „Neue Halle“ und steigt von rund 22 Meter auf der linken Seite langsam an. Der höchste Punkt liegt bei 33 Metern. Die „Neue Halle“ ist am höchsten Punkt 14 Meter hoch.
© Quelle: Jürgen Mayer H
Nauheimer will Umplanung vermeiden, um keine Zeit zu verlieren
Denn die Stadtverordneten müssen noch überzeugt werden, dass das Kreativdorf mit seiner alles andere als ländlichen Architektur auch baulich in die Stadt passt. Die Kritik an dem bis zu 33 Meter hohen Neubau, der die denkmalgeschützte RAW-Halle überspannen soll, kann Nauheimer nicht nachvollziehen. "Wir wurden vom Gestaltungsrat gelobt. Wenn wir umplanen müssten, wäre das mit der Stadt vereinbarte beschleunigte Verfahren ad absurdum geführt", so Nauheimer.
Wenn es nach ihm ginge und die Stadtverordneten Ende Januar die Aufstellung des Bebauungsplans beschließen, würde er zum 1. Mai den Bauantrag stellen. Er hofft auf eine Genehmigung zum Jahresende. Ab Anfang 2020 soll dann in zwei Jahren Bauzeit der Neubau errichtet und das Denkmal saniert werden.
Im März beginnt Suche nach Kampfmitteln
Um keine Zeit zu verlieren, laufen die Bauvorbereitungen schon seit Monaten parallel zum Genehmigungsverfahren. Ab März soll die Suche nach Kampfmitteln beginnen und anschließend unter Begleitung von Archäologen die Baugrube für die Tiefgarage ausgehoben werden. Der Boden in der historischen Neuen Halle ist jedoch tückisch. „Wir haben festgestellt, dass dort nur unbewehrter Beton liegt und ein Alt-Arm der Nuthe direkt darunter Teile des Erdreichs metertief ausgewaschen hat“, sagt Nauheimer. Auch hier verspricht er Solidität im Untergrund des Projekts.
Von Peter Degener
MAZ