Ein neues Zeugnis der Potsdamer Geschichte: Tagebuch aus den letzten Kriegstagen
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Die Regionalhistorikerin Marianna von Klinski (82) stammt aus Wildpark West. Sie hütet das Tagebuch ihrer Schwiegermutter Käthe Wetzel.
© Quelle: Julius Frick
Wildpark-West. 86 eng beschriebene Seiten hat Käthe Wetzel aus der unmittelbaren Nachkriegszeit von Potsdam hinterlassen. Rund ein Jahr lang hat sie ein ganzes Heft gefüllt. Heute gehört das Tagebuch der Regionalhistorikerin Marianna von Klinski (82), die aus Wildpark-West stammt und nach einem Leben in aller Welt heute wieder dort wohnt und sich mit mehreren Büchern zur Geschichte rund um den Schwielowsee einen Namen gemacht hat.
Ihr kürzlich verstorbener Ehemann Peter Wetzel (1934-2021) ist der Sohn Käthe Wetzels. Er hatte die Veröffentlichung des Tagebuchs vorbereitet. In der Heimatzeitschrift „Waldsiedlung Wildpark-West“, für die das Ehepaar regelmäßig geschrieben hat, erscheint es in mehreren Folgen.
Tagebuch von Käthe Wetzel
„Der Alte Markt ist ein Flammenmeer“: Mit der Bombardierung Potsdams beginnt Hotelwirtin Käthe Wetzel ein Tagebuch. Sie berichtet von der Zerstörung und Eroberung der Stadt – und einer Notunterkunft in der Villa eines Hohenzollern-Prinzen.
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Das Kriegstagebuch von Käthe Wetzel.
© Quelle: Julius Frick
Den Prinzen im Hotel kennengelernt
Marianna von Klinski hat die Familiengeschichte ihres Mannes recherchiert. Käthe wurde 1904 in die Berliner Tuchfabrikanten-Familie Herold hineingeboren. In einem Berliner Verlag lernte sie 1929 Heinrich Wetzel kennen, einen weitgereisten Kaufmann und Chemiker. Sie heirateten und lebten zunächst auf einem Gut nördlich von Berlin. Im August 1934 übernahmen sie das Potsdamer Hotel „Zur Kornblume“ in der Kirchstraße 7, die sich hinter der Nikolaikirche befand und nicht mehr existiert.
"Es war ein Treffpunkt von Intellektuellen", weiß von Klinski. Zum Stammtisch trafen sich regelmäßig Künstler oder auch der Verleger Peter Suhrkamp. "Käthes Mutter Clara hat die Küche geschmissen. Käthe war Geschäftsführerin und Heinrich war der Gastgeber, der Anziehungspunkt für intellektuelle Gespräche." Auch Kontakt zum Hohenzollern-Prinz Oskar entstand in der "Kornblume", weil dieser regelmäßig seine Jagdgesellschaften dort einquartierte. Durch diese Verbindung konnten die Wetzels nach der Zerstörung des Hauses 1945 kurzfristig in dessen Villa am Pfingstberg unterkommen.
Für die Familie Wetzel endet der Krieg tragisch. Noch vor der Kapitulation wird Vater Heinrich getötet. Käthe erkrankt an Brustkrebs und stirbt im November 1947. Der 13-jährige Peter wird von seiner Großmutter aufgezogen. Als junger Mann lernt er Marianna von Klinski kennen, mit der er fortan über 60 Jahre verbringt. Die Aufarbeitung der Familiengeschichte war bis zu seinem Tod beider Anliegen.
Von Peter Degener