Öffentlicher Nahverkehr

Heftige Kritik an Potsdams Verkehrsbetrieb wegen andauernder Ausfälle

Der Potsdamer Hauptbahnhof: Nicht jede Tram im Fahrplan fährt auch.

Der Potsdamer Hauptbahnhof: Nicht jede Tram im Fahrplan fährt auch.

Potsdam. Engpässe beim Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) sorgen weiterhin für ausfallende Busse und Bahnen. Seit beinahe einem Jahr wird der reguläre Tram-Fahrplan nicht mehr erfüllt. Doch auch das abgespeckte Angebot ist unzuverlässig. Das sorgt jetzt für deftige Kritik des Deutschen Bahnkunden-Verbands (DBV). In einem Brief an die Stadtpolitik und Rathauschef Mike Schubert (SPD) erklärt DBV-Regionalchef Karsten Müller: „Mit großem Entsetzen nimmt der DBV eine massive Verschlechterung des Angebotes der ViP Potsdam GmbH bei Fahrplan, Zustand der Fahrzeuge und Sauberkeit zur Kenntnis, die sich nach unserer Beobachtung ständig weiter verschärft.“

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Weitere Vorwürfe: „Nicht einmal die als Notlösung gedachten Fahrpläne werden vollständig gefahren. Linien werden ganz oder teilweise eingestellt oder zu Lasten bestimmter Stadtteile reduziert. Fahrgastinformation findet sehr eingeschränkt statt, Anschlüsse werden verpasst oder nicht ermöglicht, Fahrkarten der Deutschen Bahn verfallen dadurch oft ersatzlos.“

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Auch gegen die Stadt als Auftraggeber für den ViP richtet sich die Kritik des Verbands: „Politische Beteuerungen und beschlossene Pläne der Stadt Potsdam, wie der Nahverkehrsplan, werden nicht erfüllt bzw. seine Umsetzung verhindert. Die seit 1990 stets betonte und beschlossene Beschleunigung des städtischen ÖPNV wird durch autofreundliche Ampelschaltung immer wieder blockiert“, heißt es im Brief.

Hoher Krankenstand in den vergangenen drei Wochen

Man verlangt „sofortiges Umsteuern“ und bringt als Lösungen eine ganze Reihe von Forderungen ins Spiel: So solle es befristet einen zuverlässigen Notfahrplan mit gesicherten Anschlüssen geben – anstelle eines theoretischen Angebots, das nicht eingelöst wird. Zudem müsse der Nahverkehr ausreichend finanziert werden. Das gelte auch für das Personal: „Die Mitarbeiter des ViP sind durch den Tarifvertrag Nahverkehr die am schlechtesten bezahlten Mitarbeiter im Stadtwerkeverbund, zudem haben sich die Arbeitsbedingungen sehr zu ihrem Nachteil entwickelt“, schreibt Karsten Müller. Für den Service sei es wichtig, dass Fahrgäste rechtzeitig „über den tatsächlichen Fahrplan“ informiert werden, um ihre Fahrt auch planen zu können.

Beim Verkehrsbetrieb werden einige der Vorwürfe akzeptiert – andere zurückgewiesen. Die Grundsatzkritik, dass sich der Nahverkehr in Potsdam immer weiter verschlechtert habe, weist ViP-Sprecher Stefan Klotz auf Anfrage zurück. „Grundsätzlich ist zu sagen, dass der ÖPNV in Potsdam vergleichsweise sehr gut ist. Es gab dazu auch deutschlandweite Untersuchungen, in denen Potsdam beim Angebot sehr gut abschneidet und dies zu moderaten Fahrpreisen.“

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Der Verkehrsbetrieb gesteht allerdings ein, dass es gerade vermehrt zu Ausfällen kam. „Bedingt durch einen erhöhten Krankenstand“ kommt es sowohl bei Bussen, wie auch bei der Straßenbahn zu Ausfällen, insbesondere in den vergangenen drei Wochen, erklärt Stefan Klotz. Der Fahrplan soll nun angepasst werden. „Hier werden wir künftig der Verlässlichkeit einen größeren Stellenwert bei der Fahrplangestaltung einräumen“, so Klotz. Man setze gerade im Busverkehr, wo sowieso Fahrer fehlen, auf Subunternehmer – doch das reiche dennoch nicht an allen Tagen.

Kurzfristiger Einsatz von Personal fremder Firmen

Die Personalnot durch Krankheit will der ViP durch einen neuen Rahmenvertrag mit Subunternehmern mildern. Dann wird es eine tagesaktuelle Abrufmöglichkeit von Personal und je nach Anbieter auch von Fahrzeugen geben. „So wollen wir besser auf kurzfristige Engpässe und Ausfälle reagieren“, sagt Klotz. Was die schlechte Bezahlung der Mitarbeiter angeht, verweist Klotz auf den Tarifvertrag, der für alle brandenburgischen Verkehrsunternehmen gelte. 2024 sollen die Löhne erhöht werden – doch die Berliner Konkurrenz zahlt weiterhin besser.

Der grundsätzliche Fahrermangel ist keine Potsdamer Besonderheit, sondern verschärfe sich gerade in ganz Deutschland. Ein Lösungsansatz für Potsdam: Die Weiterbildung von Mitarbeitern, „die noch nicht alle Qualifikationen besitzen“, um neue Fahrer zu gewinnen. Bislang bildet der ViP nur eigene Tram-Fahrer aus – jetzt prüfe man auch eine eigene Busfahrer-Schule.

Fahrgäste werden bei Ausfall verspätet informiert

Als Problem erkannt ist auch die Information der Fahrgäste bei kurzfristigen Ausfällen. Denn oberste Priorität sei es dann „diese Fahrten ggf. neu zu besetzen bzw. zeitnah neu zu organisieren.“ Erst danach werde in der Leitstelle die Fahrt aus dem System gelöscht, was dann auch in der „VBB-Fahrinfo“ bzw. „VBB-App“ angezeigt wird. „Auf Grund der vorab genannten Priorisierungen kann es passieren, dass Fahrten nicht zeitnah entfernt werden. Dies ist unbefriedigend für die Fahrgäste, im operativen Geschäft jedoch leider nicht immer zu vermeiden“, so Klotz. Eine Lösungsstrategie wird nicht genannt.

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MAZ

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