Potsdam

„In der Unfertigkeit vollkommen“

Museumsdirektorin Jutta Götzmann und Großneffe Klaus Runze am Dienstag mit den Bildern von Hannah Schreiber de Grahl.

Museumsdirektorin Jutta Götzmann und Großneffe Klaus Runze am Dienstag mit den Bildern von Hannah Schreiber de Grahl.

Innenstadt. Der Berliner Komponist Klaus Runze hat dem Potsdam-Museum am Dienstag drei Original-Werke der Künstlerin Hannah Schreiber de Grahl (1864-1930) sowie zeitgeschichtliche Dokumente, Fotografien und ein Textbuch mit Bilderfolgen geschenkt. Klaus Runze ist ein Großneffe der Künstlerin.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mit der Schenkung des Großneffen kommt die vermutlich älteste Vedute der Künstlerin in die Sammlung des Museums. Das kleinformatige Ölbild „Mondlandschaft“ (1888) zeigt ein Segelboot auf einem nächtlichen See.

Stickerei, 49 mal 71 Zentimeter, um 1922

Stickerei, 49 mal 71 Zentimeter, um 1922.

Einzigartig ist die Stickerei ohne Titel mit silbrig schimmernden Blumen- und Schmetterlingsmotiven auf hellbraun-grauem Baumwollstoff. „So etwas haben wir in unserer Sammlung noch nicht“, sagt Museumsdirektorin Jutta Götzmann.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die vom Großneffen gerahmte Arbeit unter Glas war eigentlich ein Kissenbezug. Mutter und Großmutter hätten „kommuniziert“, dass es eine Stickarbeit von Tante Hannah“ sei, sagt der 88-Jährige.

Er vermutet, dass die Arbeit um 1922 entstand. Damals gab es Ausstellungen mit Stickereien seiner Großtante unter anderem in Forst in der Lausitz. Doch davon sei, abgesehen von einer weiteren Arbeit, „nichts erhalten“.

Besonders eindrucksvoll findet Runze, dass die Stickerei „unfertig“ sei: Zeichnungen mit Bleistift und Kohle zeigten, „dass sie weitersticken wollte“. Das Bild sei „in der Unfertigkeit vollkommen“.

Undatiert und ohne Titel ist das dritte Geschenk, eine Uferlandschaft mit Birken und Schilf über himmelblau schimmerndem Havelwasser. Ein ähnliches Motiv zeigte das Gemälde "Birkenwäldchen" (1903), das vor kurzem in der Ausstellung "Wilhelm Schmid und die Novembergruppe" im Potsdam-Museum zu sehen war.

„Uferlandschaft am Schwielowsee“,  Öl auf Leinwand/Hartfaser 88 mal 65 Zentimeter, um 1910

„Uferlandschaft am Schwielowsee“, Öl auf Leinwand/Hartfaser 88 mal 65 Zentimeter, um 1910..

„Uferlandschaft am Schwielowsee“, wie Runze den Sammlungszugang genannt hat, stamme aus dem Nachlass von Anita, der jüngsten Schwester der Künstlerin. In der unteren Hälfte sei es ursprünglich unvollständig gewesen. Ein Restaurator habe das Bild mit nachträglichem Farbauftrag ergänzt, doch der Großneffe appellierte ans Museum, diese Korrektur wieder entfernen zu lassen: „Es würde das Bild verschönen, wenn man das wieder wegnehmen lässt“, sagte er: „Die Skizzenhaftigkeit im unteren Bereich war eindrucksvoll.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mit der Schenkung des in Berlin lebenden Großneffen hat das Potsdam-Museum insgesamt elf Bilder von Hannah Schreiber de Grahl, sagt Direktorin Götzmann. Die ersten zwei Arbeiten wurden dem Haus 1913 von der Künstlerin selbst geschenkt.

Neben den Bildern schenkte der Großneffe dem Museum Dokumente, Fotografien und Aufzeichnungen zur Familiengeschichte. Götzmann sprach von einem wichtigen Baustein für die Sonderausstellung zu Karl Hagemeister, die für 2020 vorbereitet werde.

Hannah Schreiber de Grahl gehörte nach Einschätzung der Kunsthistorikerin Götzmann zu den wegbereitenden Malerinnen, die „trotz des Ausschlusses von Frauen an den Kunstakademien bis 1919 ihren eigenen künstlerischen Weg gingen“. Thematisiert wurde das 2015/16 in der Sonderausstellung „Künstlerinnen der Moderne: Magda Langenstraß-Uhlig und ihre Zeit“.

Der Kontakt zum Großneffen ergab sich vor einem knappen Jahr über die von Kunsthistorikerin Hendrikje Warmt kuratierte Ausstellung „So nah dem Unberührten am Schwielowsee – Hannah Schreiber de Grahl und Karl Hagemeister“ in Langerwisch.

„Deutschlandweit kamen dazu Familienmitglieder abgereist“ berichtet Warmt: „Darunter war auch Herr Runze.“

Der pensionierte Musiker und Hochschullehrer, der gut drei Monaten nach dem Ableben der Malerin geboren wurde, schilderte im Potsdam-Museum, dass ihn das Werk der Großtante von frühester Kindheit an begleitete: „Das Mondbild hing in meiner Kindheit im Treppenhaus in Lichterfelde-West.“ Die Erinnerung an Tante Hannah ziehe sich „wie ein kolorierter Faden durch die Familiengeschichte“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Von Volker Oelschläger

MAZ

Mehr aus Potsdam

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken