Premiere für die zehnte Stadtteiloper in Drewitz
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Im vorigen Jahr zeigten Stadtteilschule und Kammerakademie die Oper „Elias“.
© Quelle: Bernd Gartenschläger
Drewitz. Leises, geschäftiges Stimmengewirr erfüllt den Raum. „Holt jemand Wasser?“, „Kann man das einfach so vermischen?“, „Warum ist da eigentlich eine Delle drin?“ Tatsächlich ist die handballgroße Papierkugel eingebeult, die von drei Jungs am Nebentisch gerade tiefblau angemalt wird. Weiter hinten am Fenster hämmert es ausdauernd. Hell schwingt die Melodie einer Spieluhr. Zwei Mädchen blicken grübelnd auf große Streichholzschachteln. Bettina Lange bleibt bei ihnen stehen und fragt: „So, habt ihr jetzt einen Plan oder nicht?“
Oper als musikalische Reise durchs Weltall
Bettina Lange ist Gründungsmitglied und Flötistin bei der Kammerakademie, dem Hausorchester des Nikolaisaals. Doch an diesem frühen Nachmittag in der Stadtteilschule Drewitz scheint sie die Profession gewechselt zu haben. Gemeinsam mit Julia Sternkopf, Lehrerin für Deutsch und Musik, geht sie von Tisch zu Tisch und begutachtet das Wachsen eines ganz besonderen Universums. Es geht um die Stadtteiloper, die in diesem Jahr zu einer „musikalischen Reise durchs Weltall“ einladen soll. Am 1. März wird Premiere gefeiert.
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Die Musikerin Bettina Lange bei den Oper-Vorbereitungen mit den Schülern Emily (11) und Tim (12).
© Quelle: Varvara Smirnova
Seit 2008 kooperieren die Priesterweg-Grundschule und die Kammerakademie. 2010 gab es mit „La Cenerentola“ (Aschenputtel) frei nach Giaccino Rossini in der Sporthalle ein erstes gemeinsames Projekt der Musiker und der Grundschüler begleitend zur Potsdamer Winteroper im Neuen Palais. Das Opernprojekt wuchs immer weiter.
„Georg und das Mädchen von Phi“ in Begleitung zu Georg Friedrich Händels „Jephta“ in der Friedenskirche brachten sie Ende 2016 in der Turnhalle mit 380 Kindern schon in mehreren Durchgängen auf die Bühne. Nach Felix Mendelsson Bartholdys „Elias“, der in der Turnhalle im März 2018 an zwei Tagen insgesamt sechs Mal über die Bühne ging, kam der Schnitt.
Schule mit 20 Nationalitäten unter den Schülern
In diesem Jahr läuft die Stadtteiloper nach neuem Konzept. Herzstück sind acht Tandems mit jeweils einer Gruppe von Schülern von der ersten bis zur sechsten Klassenstufe, einer Lehrerin und einer Musikerin, die einstweilen noch getrennt an ihren Projekten arbeiten. „Heimat“ war die erste Themenidee, erzählt Kristin Lovsky, die die Stadtteiloper koordiniert.
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Lehrerin Julia Stern mit Julia und Lukas bei den Spieluhren.
© Quelle: smirnova_v
Mit Antonin Dvoraks 9. Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ hatten sie schon das passende musikalische Leitmotiv. Doch in einer Schule mit Kindern aus 20 Nationalitäten kann der Heimatbegriff rasch sperrig werden. Doch mit den „Planeten“ gab es bereits einen leichter zu fassenden Plan B.
Bettina Lange gewann die Aufmerksamkeit der Sechstklässler von Julia Sternkopf beim ersten Vorbereitungstreffen im November mit den „Tierkreis“-Vertonungen von Karl-Heinz Stockhausen. Sie habe gesagt, das sei der Erfinder des Techno gewesen: „Das war der Anreiz.“ Die „Tierkreise“ gibt es auch in einer Version für Spieluhren. Eine Spielidee für die Kunstwerkstatt war damit schon gesetzt.
Sternzeichen in den Bändern von Spieluhren
Zum „Elias“ im vergangenen Jahr waren die Schüler mit selbst geschriebenen Psalmen dabei, erzählt Julia Sternkopf. Sie sangen, tanzten, erzählten zum Spiel der Musiker. Für die bevorstehende Premiere arbeiten sie in vier Gruppen. Vorn am Fenster hämmern sie ihre Sternzeichen in die Papierbänder von Spieluhren. Die Musik, die damit entsteht, ist klar experimentell. Wenn sie mit dieser Arbeit fertig sind, wollen sie noch einen Tanz dazu einstudieren, sagt Polina.
Am Tisch daneben werden Streichholzschachteln zu kleinen Universen. Weiße Sterne kreuzen bei Margarita schon im rot-bläulichen All. Jetzt setzt sie noch eine blau-weiße Erde aus Knetgummi dazu. Emily ihr gegenüber versenkt ihre Welt mit dem Pinsel gerade in eine tief violette Nacht.
Ein Social-Media-, ein Süßigkeiten- und ein Tierplanet
Isabella, Lea und Elena arbeiten an einem klingenden Sternenhimmel mit allerlei Planeten. Fertig ist bereits der Musikplanet mit einer Gitarre und einen Kofferradio. Geplant sind außerdem ein Social-Media-, ein Süßigkeiten- und ein Tierplanet. Das Plakat soll an die Wand kommen und vielleicht auf Transparentpapier in Noten übersetzt zum Klingen gebracht werden. Aber so genau wissen die Mädchen das noch nicht.
Mehrere Vorstellung am 1. März ab 15 Uhr in der Schulsporthalle
Zuletzt fand eine Projektwoche an der Schule statt, in der alle 400 Schüler an der Stadtteiloper beteiligt wurden. Die Premiere ist am 1. März um 15 Uhr, bis 18 Uhr folgen mehrere Durchgänge. Der Hauptspielplatz ist die Turnhalle. Dort musiziert die Kammerakademie mit bis zu 30 Mitgliedern.
Auch die Spieluhren sollen in der Halle erklingen. Erstmals aber werden auch die Räume der Schule zur Oper geöffnet sein. Es gibt ein intergalaktisches Büffet und irgendwo sicher auch einen schönen Platz für die Universen in den Streichholzschachteln.
Von Volker Oelschläger
MAZ