Royal Louise lädt zum königlichen Segeln
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Sonntägliches Kaiserwetter lädt zu einem ausgedehnten Segeltörn auf dem Jungfernsee. Mit der Royal Louise ist man ganz automatisch ein Blickfang.
Potsdam. Es herrscht dichter Verkehr auf dem Jungfernsee. An diesem Sommer-Sonntag wollen der Potsdamer und seine Gäste aufs Wasser. Zwischen Hausbooten und Partyflößen, Yachten und Schaluppen zieht an diesem Wochenende ein ganz besonderes Schiff alle Blicke auf sich: Die Royal Louise kreuzt wieder in der Heimat.
Benannt nach der jung verstorbenen Königin
Der Mini-Nachbau einer einst originalen britischen Fregatte ist ein Hingucker mit langer Tradition. Ursprünglich wurde es 1832 in England gebaut, in Auftrag gegeben von niemand geringerem als König William IV persönlich. Die Yacht war ein Geschenk für seinen preußischen Amtskollegen Friedrich Wilhelm III, ein großzügiger Dank für die gute Zusammenarbeit gegen Napoleon. Es wurde zu Ehren der jung verstorbenen Gattin Friedrich Wilhelms auf den Namen Royal Louise getauft und bekam nahe der Pfaueninsel eine neue Heimat. „Das Besondere an diesem Schiff ist, dass es die historische Bindung an dieses preußische Arkadien hat“, sagt Christina Brede vom Royal Louise Yacht- und Schifffahrtsverein. „Es wurde als Teil dessen verstanden und genutzt.“ Fünf Könige segelten auf der Mini-Fregatte, bis dann in der Weimarer Republik die Besitztümer des Königshauses aufgelöst wurden. Die Royal Louise ist Zeugin dieser bewegten Zeit. Sie fungiert zunächst als Segelschiff der Jugendabteilung eines Vereins am Wannsee, kommt später ihrer reichen Verzierungen beraubt nach Sacrow zur Fischerei-Lehrwirtschaft. In den 1930ern wird sie von den Nationalsozialisten als Marine-Denkmal in Kiel aufgestellt, dort verfällt sie dann endgültig. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die einst so stolze Yacht zu Brennholz verarbeitet.
Kongsnæs und die Royal Louise – eine Liaison ohne Happy End
Die historische Matrosenstation Kongsnæs an der Schwanenallee war einst der Heimathafen der Hohenzollern-Yacht. Auch die Nachbauten der beiden Preußen-Andenken sollten eigentlich wieder gemeinsam erstrahlen. Allerdings können sich Kongsnæs-Betreiber und Schiffsverein nicht einigen, die Royal Louise bleibt daher auch künftig am Wannsee. Gegen die Pläne, die Matrosenstation zu einem Ausflugslokal zu machen, wehren sich zudem die Anwohner.
Erst 1996 beginnt die Geschichte der Miniaturfregatte von Neuem. Im Rahmen eines Arbeitsförderungsprogramms wird der Neubau realisiert. Einer der fast 70 Männer, die damals Hand anlegten, ist Lothar Voss. Der gelernte Bootsbauer arbeitete drei Jahre lang in Köpenick am einzigartigen Dreimaster. Heute ist er einer der fünf Schiffsführer im Betreiber-Verein. Als erster Kapitän steuer Lothar Voß die Royal Louise am Sonntag über die Potsdamer Seen. „Zwei Jahrhunderte Tradition, das ist einfach faszinierend“, sagt der 77-Jährige. Er engagiert sich ebenso wie seine rund 140 Vereinskollegen ehrenamtlich für die Miniaturfregatte.
„Die Gemeinschaft, die zusammen für dieses Schiff arbeitet, ist das Wichtigste“, sagt Voss. Christina Brede stieß erst später zum Verein. „Das war Liebe auf den ersten Blick“, sagt die pensionierte Lektorin. Sie schätzt besonders die Handwerkskunst, die an jedem Zentimeter des Bootes zu sehen ist. Von den edlen Gobelins mit seinen stilisierten Rosen und den Mahagonimöbeln im Salon bis hin zu den vier Kilometern festem Tau, welche die Segel halten – die Royal Louise ist ein Gesamtkunstwerk.
Kopf einziehen hilft
Auch die niedrige Deckenhöhe im Unterdeck ist dem original nachempfunden. Da können sich noch so viele Gäste den Kopf stoßen, die Hohenzollern des 19. Jahrhunderts waren eben von zierlicherem Wuchs. „Man kann hier nicht einfach irgendetwas machen und denken, das passe dann schon“, sagt Brede. Die Liebe zum Detail sei es, das die Boots-Erhalter eine. Nur an wenigen Stellen wurde bewusst verändert. Die Segel sind etwa nicht mehr aus Leinen, sondern bestehen aus einem Kunststoff.
Sie sind am Sonntag nicht gehisst, die Royal Louise kann als modernes Schiff auch ganz ohne Wind fahren. Dort, wo früher in der Kajüte das royale Haupt zur Ruhe gebettet wurde, befindet sich heute ein Dieselaggregat. Trotzdem ist das Schiff keine Dreckschleuder, sagt Christina Brede. „Wir fahren mit einem speziellen synthetischen Diesel aus nachwachsenden Rohstoffen.“
Normalerweise nur für zahlende Gäste
Derart umweltfreundlich schippert die Lustyacht von Mai bis Oktober über die Gewässer. „Die Routen sind allerdings begrenzt“, erklärt Vereinsmitglied Christina Brede. Durch die hohen Masten können viele Brücken nicht passiert werden. Die Passagiere stört das freilich nicht. Normalerweise ist die Yacht für zwei- bis dreimal in der Woche für zahlende Gäste auf dem Wasser. Die Einnahmen helfen dem Betreiber-Verein, das Schiff instand zu halten. Am Sonntag ist der Ausflug dann ausnahmsweise ein kostenfreies Vergnügen für die 30 Mitfahrer.
Der Anlass ist das Europäische Kulturerbejahr, das unter dem Motto „Sharing Heritage“ steht – Erbe teilen. „Mir und unserem ganzen Verein liegt am Herzen, dass die Potsdamer von der Royal Louise wissen, sie nutzen und annehmen“, erklärt Kapitän Lothar Voss die Beweggründe für die Präsentation der Miniaturfregatte an die Glienecker Brücke. Bei Peter Ellmer fällt dieser Wunsch auf fruchtbaren Boden. „Wir haben von der seltenen Gelegenheit gelesen, das Schiff mal anzuschauen“, sagt der Potsdamer, „Dass wir dann auch noch mit hinaus fahren konnten, ist natürlich das absolute Highlight.“
Von Saskia Kirf
MAZ