Fridays for Future in Potsdam

„Wir schwänzen nicht, wir kämpfen“

Fridays for Future-Streikende legten am Freitag die Potsdamer Innenstadt lahm.

Fridays for Future-Streikende legten am Freitag die Potsdamer Innenstadt lahm.

Potsdam. Erst sind die Rufe der Schüler noch etwas verhalten. Dann werden sie immer lauter und schwellen zu einer mächtigen Geräuschkulisse an. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“, schallt es am Freitagmittag über den Alten Markt in Potsdam. Über 1800 Menschen haben sich nach Angaben der Veranstalter vor dem Landtag versammelt, um für mehr Klimaschutz und einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle einzutreten.

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Potsdam ist eine von vielen Städten, in der am globalen Schüler-Aktionstag für Umweltschutz gestreikt wird. Die meisten der Fridays for Future-Demonstrierenden sind schulpflichtig und müssten eigentlich gerade im Unterricht sitzen. Auf vielen Plakaten sind daher Sprüche zu lesen wie „Die Zukunft des Planeten ist wichtiger als mein Mathe-Abi“ oder „Warum lernen für eine Zukunft, die nicht existiert“.

Viele Familien bei friedlichem Protest

Unter den Streikenden vor dem Landtag waren auch viele Kinder

Unter den Streikenden vor dem Landtag waren auch viele Kinder.

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Teilweise herrscht Volksfest-Stimmung: Zwischen selbstgebastelten Plakaten, Bannern und Fahnen düsen Kleinkinder auf Bobbycars umher; vor dem Landtagsgebäude reihen sich mit Postern beklebte Lastenräder aneinander, zwischen denen Kinder Botschaften wie „Save the planet“ mit Kreide auf das Pflaster schreiben. An einem provisorischen Verpflegungs-Stand verteilen Schüler vegane Suppe gegen Spende.

Etwa eine halbe Stunde lang dauert die Auftaktkundgebung, bei der auch die Klimaforscherin Brigitte Knopf das Mikro ergreift und das Engagement der Schüler lobt. Dann setzt sich die Menschenmenge in Bewegung und formiert sich zu einer Menschenkette rund um den Landtag. Als sich im Gebäude ein Fenster öffnet und jemand ein AfD-Wahlplakat heraushält, ertönen Buhrufe. Die Schüler skandieren „Ganz Potsdam hasst die AfD“.

Anschließend führt die Route über die Lange Brücke, wo die Demonstrierenden stoppen. Vorne weg läuft auch Miriam Eichelbaum und Michel Plefka von Fridays for Future Potsdam. "Alle legen sich jetzt auf den Boden", ruft einer der Organisatoren. "Wir simulieren jetzt die Klimatoten." Danach geht es weiter. Vor der Staatskanzlei legen die Schüler einen kurzen Zwischenstopp ein, bevor sie bei Nieselregen zurück zum Landtag marschieren.

Fridays for Future: Demonstrationen in Deutschland und auf der ganzen Welt
Fridays for Future: Demonstrationen in Deutschland und auf der ganzen Welt

Erstmals fanden am Freitag globale Klimaschutzdemonstrationen statt. Alleine in Deutschland gingen zehntausende Schülerinnen und Schüler auf die Straße.

Eltern unterstützen Schulstreik

Flankiert wird der Demonstrationszug auch von Erwachsenen, die ihre Kinder begleiten oder den Klimastreik unterstützen wollen. Dazu zählt auch Peggy Chlubeck aus Potsdam, die mit ihrem Sohn Emanuel am Rande des Zuges mit läuft. „Ich finde es wichtig, sich für den Klimaschutz zu engagieren“, sagt sie. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Sie selbst trage ihren Teil zum Umweltschutz bei, weil sie kein Auto habe und versuche, auf eine nachhaltige Lebensweise zu achten.

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1800 Menschen demonstrierten für Klimaschutz

1800 Menschen demonstrierten für Klimaschutz.

„Ich bin heute hier, um die Schüler zu unterstützen, so wie ich auch Scientists for Future und Cyclists for Future unterstütze“, sagt Tino Freißler aus Potsdam. Zu seiner eigenen Schulzeit habe es solche Aktionen noch nicht gegeben, erzählt er. Er selbst gebe sich in seinem Alltag Mühe, umweltfreundlich zu leben und zum Beispiel auf Plastikflaschen zu verzichten.

Auch Stefanie Brendel, die an einer integrativen Sekundarschule in Berlin unterrichtet, will den Klimastreik unterstützen. Umweltschutz spiele in ihrem Lehralltag eine große Rolle: „Wir haben sogar ein Fach an der Schule, das sich mit nachhaltigen Lebensweisen beschäftigt“, sagt Brendel. Ihre eigenen Schüler dürfe die Lehrerin nicht darin bestärken oder davon abhalten, zu protestieren – deswegen sei sie an ihrem freien Tag privat in Potsdam.

Aktivisten-Besuch im Landtag

Demonstrierende beim Fridays for Future-Streik in Potsdam

Demonstrierende beim Fridays for Future-Streik in Potsdam.

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Im Vorfeld der Demonstration empfing Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) eine Delegation von 15 Schüler-Aktivisten aus allen Teilen des Landes. „Wir haben uns auf das Gespräch heute gut vorbereitet und gefreut“, sagte Stark zu Beginn des Treffens. Ein Austausch zwischen jungen Aktivisten und Politikern sei auch Teil der politischen Bildung. „Wir haben schon dreimal vor dem Landtag demonstriert, es ist schön, jetzt auch mal drin zu sein“, sagte ein Schüler.

Eine Stunde lang sprachen Abgeordnete aus vier Fraktionen mit den Schülern. Ralf Christoffers, der Fraktionsvorsitzende der Linken, begrüßte die Schulstreiks. „Anders wird man in bestimmten politischen Bereichen nicht wahrgenommen“, sagte er. Unterstützung gab es auch von CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. Ursula Nonnemacher, Vorsitzende der Grünenfraktion, erklärte: „Jahrelang haben wir immer gehrt, die Jugendlichen seien so unpolitisch und kommen nicht aus dem Quark.“ Die Demonstrationen bewiesen nun das Gegenteil.

Weiter Kritik an Streiks während Schulzeit

Der Lausitzer SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Roick kritisierte, dass die Proteste in der Schulzeit stattfinden. „Die friedliche Revolution in der DDR hat auch abends stattgefunden“, sagte er. Die Schüler wiesen den Einwand entschieden zurück. „Es geht nicht darum, wann gestreikt wird, sondern wofür“, antwortete ein Aktivist.

Schülern, denen wegen der Streiks Sanktionen oder Bußgelder drohen, bietet der Potsdamer Anwaltverein kostenlose Rechtsberatung an. Der Verein wies darauf hin, dass auf Schuleschwänzen laut brandenburgischem Schulgesetz Geldstrafen von bis zu 2500 Euro stehen.

Von Hannah Rüdiger

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