Historientanz – Hüpfen wie am Hofe
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Workshop für historische Hoftänze in Thyrow beim Verein „Zollwache Trebbin“ unter Leitung von Astrid Heiland-Vondruska (r.).
© Quelle: Katja Schubert
Thyrow. Bis heute üben das Mittelalter und die darauffolgende Epoche der Renaissance eine ungebrochene Faszination auf die Menschen aus, die sie unter anderem bei Burg-Empfängen, Festspielen und mit Kostümbällen zelebrieren. Eine kleine Gruppe dieser Geschichtsbegeisterten traf sich am Sonntagabend im Gemeindehaus des Trebbiner Ortsteils Thyrow, um gemeinsam verschiedene historische Hoftänze zu erlernen und zu proben.
Tänze aus England, Italien, Frankreich und Deutschland
Unter Anleitung von Tanzmeisterin Astrid Heiland-Vondruska (45) und der Kostümbildnerin Anja Fengler (57) wurden Schritte englischer, italienischer, französischer und deutscher Renaissance-Tänze in lockerer Atmosphäre geübt. Die beiden Berlinerinnen brachten den teilweise kostümierten Workshop-Teilnehmern bei, wie man Drehungen, Knickse und komplizierte Schrittfolgen technisch korrekt ausführte und erklärten dabei die Zusammenhänge von Mode, Tanz und den damaligen höfischen Umgangsformen.
Wenig Körperkontakt beim Historientanz
Der Oberkörper sei dabei das Zentrum, führte Anja Fengler an, es gäbe bei den Renaissance-Stücken weniger Armbewegungen als heute. Auch Körperkontakt wurde größtenteils vermieden, da die Gesellschaft des Hofes damals deutlich prüder im Umgang war. Dafür wurden häufig alltägliche Dinge des einfachen Volkes als Bewegungskarikaturen in den Schrittablauf kopiert, so beispielsweise das Stampfen von Pferden.
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Workshop für historische Hoftänze in Thyrow.
© Quelle: Katja Schubert
Mal einzeln, mal paarweise probte die Gruppe Tänze wie den italienischen „Pavane“ (deutsch: „Pfau“), verschiedene Abwandlungen des französischen Kreistanzes „Branle“ und die englischen Überlieferungen von „Sellengers Round“ und „Jenny pluchs pears“ (deutsch:. „Jenny pflückt Birnen“). Die interessanten Namensgebungen bleiben bis heute zum Teil ein Rätsel, wahrscheinlich lehnen sie sich jedoch an die verspielten Partnerwechsel und gehüpften Rundtänze an, die im Workshop unter munterem Gelächter geübt wurden.
Tanzen als Schaulauf in der Renaissance
„Vorrangig geht es bei Renaissance-Werken um Präsentation. Man wollte sehen und gesehen werden. Der Rang, die Frau und persönlicher Besitz wurden für alle öffentlich zur Schau getragen“, erläuterte Astrid Heiland-Vondruska. Es gäbe zwar feste Regeln und Reihenfolgen, doch auch einige Freiheiten beim Tanz dieser Epoche. Vielleicht ist er deshalb so beliebt.
Heike Müller (49) aus Mellensee war auf jeden Fall begeistert von dem Kurs: „Ich habe bereits früher bei anderen historischen Tanzkursen mitgemacht, bei diesem bin ich zum zweiten Mal. Es macht super viel Spaß, ich werde auf jeden Fall damit weitermachen.“Ihre Vorliebe für mittelalterliche Dinge zeigte sie unter anderem mit einer passenden Kostümierung. „Es ist für mich sozusagen eine Entschleunigung vom normalen Leben“, erklärte sie ihre Leidenschaft.
Zollwache ist Teil der Berliner Rittergilde
Der bewegungsreiche Themenabend im Gemeindehaus war bereits die dritte Veranstaltung dieser Art, die der Verein "Zollwache Trebbin" dieses Jahr als Winterbeschäftigung organisiert hatte. Als Teil der "Berliner Rittergilde" veranstaltet sie außerdem historische Stammtische und Shows für mittelalterliche Belagerungstechniken. Der nächste Tanzabend wird voraussichtlich am 22. April stattfinden.
Von Katja Schubert