Luckenwalder gewinnt renommierten Fondspreis
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Stephan Lingnau (l.) und Gründer Guido Lingnau von der Anlagefirma Guliver.
© Quelle: Susanne Schmitt
Luckenwalde. „Wenn ich 18 bin, gehe ich an die Börse“. 1981 im Alter von 16 Jahren hatte der Luckenwalder Guido Lingnau im SFB-Fernsehen zum ersten Mal Börsenberichterstattung gesehen und begonnen „auf einem Zettel“ mit Aktien zu handeln. Inzwischen hat er eine eigene Anlageberatungsfirma – und ist sogar preisgekrönt. Seine 1999 gegründete Anlageberatungsgesellschaft Guliver hat einen renommierten Preis der Fonds-Ratingagentur Mornigstar gewonnen. „Wir sind als einzige konzernunabhängige Anlageberatung ausgezeichnet worden“, sagt Lingnau stolz. „Das ist der Oskar der Fondsbranche.“ Sein „Euro Mischfonds Sicherheit“, der auf festverzinsliche Papiere, Gold und andere risikoarme Anlagen setzt und den er seit 2007 verwaltet, hat im letzten Jahr die vergleichbaren Angebote auf dem Finanzmarkt abgehängt.
Engagement in der Gethsemane-Kirche zur Wendezeit
Doch ganz so schnell konnte er sich seinen Wunschtraum nicht erfüllen. Auf dem Weg dahin musste er einige Hindernisse überwinden. Das Abitur wurde ihm als Kind einer katholischen und kirchlich engagierten Familie verwehrt, ein Ausreiseantrag 1987 abgelehnt. Mehrere Jahre arbeitete er am Fließband in einem Ostberliner Betrieb, in der Wendezeit engagierte er sich beim Neuen Forum und war bei den Aktionen in der Gethsemane-Kirche dabei. Das Interesse am Finanzmarkt und seinen Mechanismen aber bestimmten weiter den Berufswunsch, 1991 schließlich begann er eine Banklehre bei der Berliner Volksbank, absolvierte ein Fernstudium zum Anlageberater und machte sich dann 1997 selbstständig.
Lingnau setzte 2017 auf Macron
„Wir haben 2017 anders als die großen Investment-Gesellschaften auf Frankreich und auf Macron gesetzt“, erläutert Lingnau, warum sein Euro-Mischfonds so gut abgeschnitten hat. „Goldman Sachs und andere haben geraten Anleihen des französischen Staats zu verkaufen. Wir haben das Gegenteil gemacht und gekauft.“ Dass Macron die Wahl gewinnen würde, hat er nach seinen eigenen auf demografische Daten gestützte Analysen berechnet und richtig vorhergesehen. „Wir schauen uns nicht nur die allgemeinen Daten an sondern ganz gezielt die Vorlieben, Interessen und Meinungen der jeweils stärksten Generation in einem Land.“ Daraus kann man laut Lingnau sehr gut langfristige wirtschaftliche Trends ableiten. Um kurzfristige Prognosen geht es ihm nicht. Mit dieser Methode hat er in der Vergangenheit sehr oft richtig gelegen und 2014 dazu ein Buch veröffentlicht.
Zwei Brüder mit in der Firma
Sein Unternehmen überstand so auch die Finanzkrise 2008, zwei seiner drei Brüder sind Partern bei Guliver. Mit dem fünf Jahre jüngeren Bruder Stephan habe er sich schon in 80ern immer über Aktien unterhalten Lingnau: „ Er war der einzige, der sich dafür interessiert hat.“ Stephan Lingnau schulte 2007 nach einer langjährigen Tätigkeit im Kraftwerksanlagenbau zum Finanzfachwirt um und kümmert sich seitdem um die Mandantenbetreuung. Ein dritter Bruder, Marcel Lingnau, ist für die betriebswirtschaftlichen Abläufe verantwortlich.
Kaum Ostdeutsche in der Branche
„In der Branche sind wir als Familienunternehmen eine absolute Ausnahme“, betont Lingnau. Und: „Anlageberater mit ostdeutscher Biografie gibt es so gut wie gar nicht“. Zwar habe Guliver seinen Sitz jetzt in Berlin, aber mit Brandenburg verbindet die Brüder nicht nur die Herkunft, alle haben ihren Wohnsitz noch in Brandenburg, Stephan Lingnau wohnt immer noch in Luckenwalde. Ganz in der Nähe der früheren POS Bertold-Brecht/Georgi Dimitroff „wo alles begann“.
Von Susanne Schmitt
MAZ