Streamingkritik

Netflix-Sitcom „Die wilden Neunziger“: Nostalgie für die nächste Generation

Sam Morelos (v. l. n. r.) als Nikki, Mace Coronel als Jay, Ashley Aufderheide als Gwen Runck, Callie Haverda als Leia Forman, Maxwell Acee Donovan als Nate und Reyn Doi als Ozzie in „Die wilden Neunziger“.

Sam Morelos (v. l. n. r.) als Nikki, Mace Coronel als Jay, Ashley Aufderheide als Gwen Runck, Callie Haverda als Leia Forman, Maxwell Acee Donovan als Nate und Reyn Doi als Ozzie in „Die wilden Neunziger“.

Wer in den Neunzigern jung war, befindet sich heute im besten Midlife-Crisis-Alter und schaut gern verklärt zurück auf jene „wilde Jugend“, die jede Generation auf die gleiche Weise für sich in Anspruch nimmt. Mit der Sitcom „Die wilden Neunziger“ (bereits streambar) versucht nun Netflix, das Nostalgiebedürfnis seiner reiferen Abonnentinnen und Abonnenten zu bedienen. Als Vorlage für das Serien-Relaunch dient hier die Fox-Produktion „Die wilden Siebziger“, die von 1998 bis 2006 in den USA mit acht Staffeln und 200 Episoden solide Erfolge verzeichnete und später auch in Deutschland bei RTL ausgestrahlt wurde.

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Stars wie Topher Grace, Mila Kunis und Ashton Kutcher machten hier in blutjungen Jahren ihre ersten Karriereschritte. Mit Gastauftritten gaben Promis wie Dwayne Johnson, Alice Cooper, Lindsay Lohan und Bruce Willis der Sitcom ihren Segen. Das Konzept war ein nostalgischer Blick zurück in die Jugendjahre einer Elterngeneration, die in der Hippie-Ära ihre Pubertät verbringen durfte. Zentraler Handlungsort war ein ausgebauter Kellerraum im provinziellen Wisconsin, in dem die Jugendlichen im Hormonrausch und Marihuanadunst mehr oder weniger erfolgreich erste Liebeserfahrungen zu sammeln versuchten.

„Die wilden Neunziger“ kopiert das Konzept nahezu eins zu eins

„Die wilden Neunziger“ kopiert dieses Konzept nahezu eins zu eins. Netflix hat nicht nur die Schöpfer der Originalserie Bonnie und Terry Turner sowie den Produzenten Gregg Mettler mit ins Boot geholt, sondern auch den Großteil der damaligen Besetzung wieder unter Vertrag genommen. Grace, Kunis und Kutcher schauen als Vertreterinnen der neuen Elterngeneration nur für kurze Cameos vorbei, aber Debra Jo Rupp und Kurtwood Smith sorgen als Großeltern über alle zehn Folgen für personelle Kontinuität. Das Eigenheim von Red und Kitty Forman in der fiktiven Kleinstadt Point Place bleibt Dreh- und Angelpunkt.

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Enkeltochter Leia (Callie Haverda) entscheidet sich zur Überraschung ihres Vaters (Topher Grace) dazu, die Sommerferien bei den Großeltern zu verbringen, nachdem sie die coole Gwen (Ashley Aufderheide) aus dem Nachbarhaus kennengelernt hat. Die beiden Freundinnen beziehen zusammen mit dem Schönling Jay (Mace Coronel), der oberschlauen Nikki (Sam Morelos), dem liebenswert beschränkten Nate (Maxwell Acee Donovan) und dem schwulen Zyniker Ozzi (Reyn Doi) im Untergeschoss Quartier, wo schon Leias Eltern ihre wilde Provinzjugend verbracht haben. Oben im Erwachsenenstockwerk ist Oma Kitty ganz entzückt darüber, dass wieder so viele junge Leute im Haus sind, während der griesgrämige Red vergeblich versucht, dem Chaos Einhalt zu gebieten.

Jugendliche finden vergessene Grasvorräte der Eltern

Es dauert nicht lange, da finden die Jugendlichen in einer Brettspielschachtel die vergessenen Grasvorräte der Elterngeneration. Wie schon in der Vorläuferserie wird auch hier in verqualmten Kiffersequenzen die Kamera auf dem Teetisch montiert, um mit zentrifugalen Schwenks in die entgleisten Gesichter der Berauschten zu blicken. Leia kommt zwar aus Chicago, hängt aber in Sachen Liebe, Sex und Drogenkonsum ihren neuen Provinzfreunden etwas hinterher. Die sichtlich begabte Callie Haverda spielt die Uncoolness ihrer unerfahrenen Figur mit viel Mut zu Peinlichkeit und Selbstironie lustvoll aus. Überhaupt wirft sich das Newcomer-Ensemble mit Spielfreude ins Sitcom-Geschehen und baut die Figuren zu liebenswerten Karikaturen aus, auch wenn die Dialoge mehr auf die Quantität als auf die Qualität der Pointen setzen.

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Eher bescheiden fällt auch der Nostalgiefaktor aus. Drahtlose Festnetztelefone mit ausziehbarer Antenne, Computermodems, die beim Einwählen ins Internet kreischende Geräusche machen, ein bescheidener Rave im Lagerhaus, die Hommage an TV-Serien wie „Beverly Hills, 90210″ oder den Kinofilm „Clerks“ und eine Handvoll zeitgenössischer Songs reichen nicht aus, um jene Neunziger zu feiern, die eben einfach nicht so wild waren wie die Siebziger.

„Die wilden Neunziger“ ist bereits streambar bei Netflix.

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