„Es ist eine grauenvolle Tat"

Amoklauf in Hamburg: Polizei kontrollierte Philipp F. noch im Februar nach anonymem Hinweisschreiben

Nach einer Amoktat in Hamburg sind acht Menschen ums Leben gekommen.

Nach einer Amoktat in Hamburg sind acht Menschen ums Leben gekommen.

Nach dem Amoklauf in einem „Königreichssaal“ der Zeugen Jehovas in Hamburg haben sich Polizei und Innensenator am Freitag zu den Hintergründen geäußert. Nach Angaben von Hamburgs Innensenator Andy Grote gebe es acht Tote, acht weitere Personen sind verletzt worden, davon vier schwer. „Es ist eine grauenvolle Tat, es ist auch eine sehr grausame Tat“, sagte Grote am Freitagmittag. Der Täter, Philipp F., habe sieben Menschen und anschließend sich selbst getötet.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Um 21.04 Uhr gingen laut Grote die ersten Notrufe ein, auch aus dem Gebäude der Zeugen Jehovas. Bereits vier Minuten später, um 21.08 Uhr, seien erste Kräfte vor Ort gewesen, nur eine Minute später auch die Spezialeinheit USE, eine Unterstützungseinheit für besondere Einsatzlagen. Der Leiter der Schutzpolizei, Matthias Tresp, sprach von 47 Notrufen, die bei Polizei und Feuerwehr eingingen. Es sei ein „glücklicher Zufall“ gewesen, dass die USE-Einsatzkräfte, die speziell für Amok- und Terrorlagen ausgebildet sind, in der Nähe waren. „Die Tür war verschlossen“, sagte Tresp, sodass die Polizisten die Glasscheibe der Tür zerschießen mussten, um ins Gebäude zu gelangen. Die Polizisten hätten zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Schüsse gehört.

Täter betrat „unter permanentem Schusswaffengebrauch“ das Gebäude

Zur Rekonstruktion des Tathergangs sagte der Leiter der Schutzpolizei: Bevor der Täter ins Gebäude eindrang, habe er bereits auf eine Frau in ihrem Auto geschossen. Dann habe er „unter permanentem Schusswaffengebrauch“ das Gebäude betreten. Durch den Druck der Einsatzkräfte sei der Täter ins Obergeschoss geflüchtet, wo er sich selbst das Leben nahm. Zunächst hatte es Meldungen von einem möglichen zweiten Täter gegeben. Laut Trespe habe sich herausgestellt, dass es sich dabei jedoch um den Schatten des Täters handelte.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Polizei hat noch in der Nacht die Wohnung durchsucht, sagte der leitende Staatsanwalt Ralf Anders. Dort habe man 15 geladene Magazine mit je 15 Patronen und Schachteln mit weiteren 200 Patronen gefunden. Der Täter sei der Staatsanwaltschaft bisher nicht aufgefallen. Er habe aber mehrere Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft erstattet, wegen des Verdachts des Betrugs. Mindestens einer der Anzeigen werde noch nachgegangen.

Augenzeugenvideo soll mutmaßlichen Schützen bei Amoktat in Hamburg zeigen

Nach derzeitigem Erkenntnisstand gehen die Ermittler von einem Einzeltäter aus, der sich selbst getötet haben könnte.

Polizei hatte Philipp F. im Februar noch kontrolliert

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer teilte mit, dass es im Vorfeld ein anonymes Hinweisschreiben gegeben habe, mit der Bitte, die Erlaubnis für das Tragen einer Waffe bei Philipp F. zu überprüfen. Der Grund: Er könnte unter einer psychischen Erkrankung leiden, die aber nicht diagnostiziert wurde, weil sich Philipp F. nicht in Behandlung begeben wolle. Philipp F. hege „eine besondere Wut“ gegen religiöse Anhänger, besonders gegen die Zeugen Jehovas, und gegen seinen Arbeitgeber.

Am 7. Februar habe die Polizei Philipp F. aufgesucht und kontrolliert. Diese Kontrolle sei unangekündigt gewesen. Philipp F. sei kooperativ gewesen und habe die waffenrechtlichen Vorschriften, wie die Aufbewahrung der Waffe im Tresor, erfüllt. Lediglich eine Patronenhülse habe auf statt im Tresor gelegen. Die Beamten haben laut Meyer länger mit Philipp F. gesprochen. Es habe „keine Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung“ gegeben.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Staatsschutz: Philipp F. hat Zeugen Jehovas vor anderthalb Jahren verlassen

Thomas Radszuweit, Leiter des Staatsschutzes, bestätigte, dass der Täter Philipp F. die Zeugen Jehovas vor anderthalb Jahren „freiwillig, aber offenbar nicht im Guten“ verlassen habe. Polizeipräsident Meyer erklärte, es sei nicht eindeutig, ob der Täter aus der Gemeinde ausgeschlossen worden sei oder von sich aus die Gruppe verlassen hatte.

+++ Alle Entwicklungen zur Amoktat in Hamburg im Liveblog +++

Philipp F. war ledig und besaß als Sportschütze eine Heckler-&-Koch-Pistole, bei der es sich auch um die Tatwaffe handelt. Neun leere Magazine fanden die Ermittler vor Ort, so Radszuweit, weitere zwei Magazine trug er bei sich und 20 gefüllte Magazine im Rucksack. „Das Motiv für die Tat lässt sich derzeit noch nicht sicher feststellen.“ Es gebe aber keine Anhaltspunkte für eine politische Motivation.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Innensenator Grote sprach vom „schlimmsten Verbrechen in der jüngeren Geschichte“ der Stadt Hamburg. In einer solchen Dimension habe man dies in Hamburg noch nicht erlebt. Ein sieben Monate altes, ungeborenes Baby, das im Mutterleib getroffen wurde, kam ebenfalls ums Leben. Es sei eine Tat, die man aus dem Fernsehen kenne, sich aber in Hamburg nicht vorstellen konnte. Es sei nur dem schnellen Eingreifen der Polizei zu verdanken, dass nicht mehr Opfer zu beklagen sind, so Grote.

Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken