Desinfektionsmittel gegen Corona: Deutlich mehr Giftnotrufe nach Trump-Vorschlag
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/OPZF65XZ2VHS7K2VMH5WAE2P3I.jpg)
Desinfektionsmittel im Regal eines amerikanischen Supermarktes.
© Quelle: picture alliance / Photoshot
Washington. Infolge der Äußerungen von US-Präsident Donald Trump über mögliche Desinfektionsmittelinjektionen gegen das Coronavirus hat die Giftzentrale im US-Bundesstaat Illinois eine Zunahme an Notrufen verzeichnet. In den vergangenen zwei Tagen habe es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen “signifikanten Anstieg” der Anrufe im Zusammenhang mit Reinigungsmitteln gegeben, sagte die Direktorin des Gesundheitsamtes, Ngozi Ezike, am Samstag bei einer Pressekonferenz. Beispielsweise sei mit einer Mischung aus Bleichmittel und Mundwasser gegurgelt worden, “in einem Versuch, das Coronavirus zu töten”. Ezike warnte eindringlich vor der Einnahme von Haushaltsreinigern.
Die Katastrophenschutzbehörde des US-Staats Maryland erklärte bereits kurz nach Trumps Auftritt, es seien mehrere Anrufe mit Fragen zu Desinfektionsmittel und Covid-19 eingegangen.
Experte warnt vor “fatalen Konsequenzen”
Trump hatte Forscher am Donnerstag bei einer Pressekonferenz ermuntert, Möglichkeiten zu prüfen, Menschen im Kampf gegen das Virus direkt Desinfektionsmittel zu spritzen. Seine Äußerungen lösten Empörung aus. Einige Behörden sahen sich veranlasst, Bürger öffentlich zu warnen. Tags drauf stellte Trump seine Aussage als “Sarkasmus” dar. Er habe keineswegs die Bürger dazu aufrufen wollen, Desinfektionsmittel zu sich zu nehmen, sagte er am Freitag.
Ezike sagte: “Ich hasse es, dies tun zu müssen, aber ich möchte einige der Mythen, Gerüchte und allgemeinen Falschinformationen darüber, wie man sich gegen Covid-19 schützen kann, ansprechen.” Die Einnahme von Haushaltsreinigern könne “fatale Konsequenzen” haben. “Das wird nicht empfohlen und kann tödlich sein.” Sie rief die Bürger auf, auf Wissenschaftler und Gesundheitsexperten zu hören.
“Unter keinen Umständen” sollten Desinfektionsmittel verabreicht werden
Zuvor hatte unter anderem der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser vor der Einnahme von Desinfektionsmitteln zur Behandlung des Coronavirus gewarnt. “Unter keinen Umständen” sollten Desinfektionsmittel in den menschlichen Körper verabreicht werden – weder durch Einnahme oder Injektion noch auf irgendeine andere Weise, erklärte das Unternehmen, zu dessen Marken Sagrotan gehört, am Freitag.
Auch die Katastrophenschutzbehörde im US-Bundesstaat Washington sprach eine Warnung vor der Einnahme von Desinfektions- oder Reinigungsmitteln aus. “Machen Sie eine schlechte Situation nicht schlimmer”, erklärte die Behörde am Donnerstagabend auf Twitter.
Hashtag #HeilenwieTrump trendet bei Twitter
Experten zufolge können Seife, Desinfektions- und Bleichmittel das Virus bei äußerer Anwendung – also beim Händewaschen oder Putzen – zuverlässig abtöten. Es gibt jedoch bislang keine nachweislich wirksamen Medikamente oder Techniken, die den Erreger in infizierten Patienten abtöten können.
In Deutschland trendet nach dem Trump-Vorschlag der Hashtag #HeilenwieTrump. Darunter spotten zahlreiche Nutzer über die Idee und machen selbst Vorschläge wie “Batterien essen gegen Antriebslosigkeit” oder “Kühlmittel trinken gegen Fieber”. Ein Ehepaar, das nach Trumps Aufruf im März statt dem Malariaheilmittel Hydroxychloroquin Chloroquin-Phospat zu sich nahm, kam mit schweren Vergiftungen ins Krankenhaus, der Mann überlebte nicht.
RND/dpa/seb