Bahn lässt EVG-Ultimatum verstreichen: 50-Stunden-Warnstreik kommt
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Von Sonntagabend bis Dienstagabend werden die meisten Züge der Deutschen Bahn wegen des Warnstreiks ausfallen.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Berlin. Die Deutsche Bahn hat im Tarifstreit ein Ultimatum der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für ein verbessertes Angebot ohne erkennbare Annäherung verstreichen lassen. Die EVG hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene ab Sonntagabend fest, teilte die Gewerkschaft am Freitag mit und kündigte für 13.30 Uhr ein Statement an.
Die EVG hatte der Bahn am Vormittag eine Frist bis Freitag, 12 Uhr gesetzt. Die Gewerkschaft hatte dem bundeseigenen Konzern damit noch einmal Zeit gegeben, das Angebot anzupassen, um einen Ausstand zu verhindern. Bis zuletzt deutete sich allerdings keine Annäherung an.
Deutsche Bahn: „Wir haben mehrere Vorschläge unterbreitet“
DB-Personalvorstand Martin Seiler sagte nach Ablauf der Frist in Köln, dass die Deutsche Bahn noch einmal auf die EVG zugegangen sei. „Wir haben bis zur letzten Minute alles versucht, den irrsinnigen 50-stündigen Warnstreik der EVG abzuwenden“, erklärte er. „Wir wollen eine Lösung. Wir haben mehrere Vorschläge unterbreitet.“ Laut Seiler habe die DB die EVG-Forderungen zum Streitthema Mindestlohn „ohne Tricks und ohne Deckel“ erfüllt. Er forderte die Gewerkschaft auf, den Streik abzusagen und wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
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Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, gibt im Kölner Hauptbahnhof ein Statement zu den geplanten Warnstreiks der Gewerkschaft EVG.
© Quelle: Henning Kaiser/dpa
EVG: Angebot zu Streitthema Mindestlohn war nicht annehmbar
EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch entgegnete: „Man will in einem Bundesunternehmen diejenigen, die am schlechtesten bezahlt werden, weiterhin finanziell benachteiligen und nimmt einen 50-stündigen Warnstreik in Kauf, um an dieser Praxis festzuhalten“, wurde er in einer Mitteilung der Gewerkschaft zitiert. „Dafür wird niemand Verständnis haben.“
Die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay erklärte am Freitagmittag vor dem Berliner Hauptbahnhof, dass die Gewerkschaft und die Deutsche Bahn in einigen Punkten kurz vor einer Übereinkunft gestanden hätten. Beim Streitthema Mindestlohn lagen Forderung und Angebot aber zu weit auseinander, vor allem bei den niedrig bezahlten Jobs wie in der Reinigung. „Die Menschen verdienen unsere Solidarität. Das ist harte Arbeit, das ist Schichtarbeit“, betonte Ingenschay.
EVG hält an Streikplänen fest
Die EVG ruft zu einem 50-stündigen Streik ab Sonntagabend auf. Grund sei fehlende Kompromissbereitschaft der Arbeitgeber für untere Lohngruppen.
© Quelle: Reuters
„Ich weiß, dass die Deutsche Bahn gesagt hat, dass es sich um ein Missverständnis handelt und dass die Kolleginnen und Kollegen sehr wohl im Mindestlohnbereich von den Lohnforderungen profitieren sollen. Das ist aber nicht der Fall“, erklärte sie weiter. Die EVG sei immer bereit, über „vernünftige Angebote“ zu reden. Es dürften aber nicht nur die Beschäftigten im mittleren Lohnsektor nachhaltig profitieren, sondern auch die im niedrigen. „Ein Streik ist immer abwendbar. Ein Streik ist das letzte Mittel, und in dem Augenblick, wo wir Angebote auf dem Tisch liegen haben, die es wert sind, dass wir darüber reden, ist ein Abwenden des Streiks immer möglich“, sagte Ingenschay.
Fernverkehr wird komplett eingestellt – kaum Züge der DB Regio
Die EVG hatte die Beschäftigten am Donnerstag zum dritten Warnstreik in der laufenden Tarifrunde aufgerufen. Der Ausstand soll von Sonntagabend, 22 Uhr, bis Dienstagabend, 24 Uhr, dauern. Die Bahn entschied, in dieser Zeit den Fernverkehr komplett einzustellen. Auch bei DB Regio wird demnach kaum ein Zug fahren. Zum Warnstreik sind auch die sogenannten Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleiter aufgerufen, die den täglichen Bahnverkehr auf dem gesamten deutschen Schienennetz koordinieren. Deshalb sind Bahnunternehmen betroffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.
50 Stunden Streik ab Sonntagabend: Das rät die Bahn ihren Kunden
Achim Stauß, Konzernsprecher der Deutschen Bahn: „Der Streik trifft unsere Fahrgäste ausgerechnet in der Woche rund um Himmelfahrt.“
© Quelle: Reuters
Knackpunkt Mindestlohn
Die Deutsche Bahn hatte nach Verhandlungen, die bis in die Nacht zu Freitag andauerten, nach eigenen Angaben ein Entgegenkommen signalisiert und sah den nächsten Schritt bei der Gewerkschaft. EVG-Verhandlungsführer Loroch tat dies als „Scheinangebot“ ab. „Der Arbeitgeber hat am Ende nach langwierigen Gesprächen eine Lösungsoption auf den Tisch gelegt, die für uns diskussionswürdig war. Nachdem wir angefangen haben, diese zu diskutieren, hat er dann einen Rückzieher gemacht“, sagte Loroch.
Zentraler Knackpunkt ist derzeit der Mindestlohn, den etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der DB nur über Zulagen erreichen. Die EVG will den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro zunächst in die Tabellen aufnehmen, damit alle weiteren Verhandlungsergebnisse dann auf diesen Wert berechnet werden. Die Bahn hat das teilweise zugesagt. Sie will aber erst später in den Verhandlungen klären, ob sämtliche Tarifergebnisse tatsächlich als Erhöhungen in die Tabellen kommen oder etwa über Zulagen gezahlt werden.
Insgesamt verhandelt die EVG für 180.000 Beschäftigte bei der DB und weitere 50.000 bei weiteren Bahnunternehmen.
Warnstreik: Fahrkarten auch Christi Himmelfahrt noch gültig
Wer für den Zeitraum des 50-stündigen Bahnwarnstreiks ein Zugticket für den Fernverkehr gekauft hat, kann dieses auch in den Tagen danach flexibel nutzen – auch über Christi Himmelfahrt. Eine Nutzung der Tickets auch nach dem Ende des Warnstreiks sähen die Fahrgastrechte ausdrücklich vor, sagte ein Bahnsprecher am Freitag auf Anfrage.
Noch am Vortag hatte die Bahn lediglich auf die eigenen Kulanzregeln im Rahmen des Warnstreiks verwiesen. Diese sahen vor, dass Fahrgäste mit einem Ticket für den Zeitraum 14. bis 16. Mai dieses lediglich bis Sonntagabend flexibel nutzen könnten. Eine Nutzung nach Streikende sei dieses Mal nicht möglich, um übervolle Züge am reisestarken Feiertag am 18. Mai zu verhindern, hieß es zunächst.
Am Freitag aktualisierte die Bahn diese Informationen mit Verweis auf die allgemeinen Fahrgastrechte. Demnach behalten für den Streikzeitraum gekaufte Fahrkarten auch danach noch für einige Zeit ihre Gültigkeit.
RND/nis mit dpa