„Taliban steuern in die falsche Richtung“

Afghanistan: Außenministerin Baerbock warnt vor humanitärer Katastrophe

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, einer Pressekonferenz in Islamabad.

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, einer Pressekonferenz in Islamabad.

Islamabad. Außenministerin Annalena Baerbock hat die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die Menschen in Afghanistan trotz des russischen Kriegs in der Ukraine nicht zu vergessen. „Wir stehen vor einer humanitären Katastrophe“, warnte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach einem Gespräch mit ihrem pakistanischen Amtskollegen Bilawal Bhutto Zardari in der Hauptstadt Islamabad. Man dürfe die Menschen in Afghanistan nicht hungern lassen. „Aber alles andere als humanitäre Hilfe muss streng an Bedingungen geknüpft sein“, sagte Baerbock.

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Mit Blick auf die Missachtung von Menschen- und Frauenrechten durch die in Afghanistan herrschenden militant-islamistischen Taliban sagte Baerbock: „Wir müssen sehr ehrlich sein. Unser Einfluss auf das, was in Afghanistan geschieht, ist sehr begrenzt. Er hängt davon ab, dass die Taliban rationale Entscheidungen in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse treffen. Und das tun sie im Moment nicht.“ Baerbock ergänzte: „Die Taliban steuern in die falsche Richtung.“

Pakistan: Wichtigste Drehscheibe für ehemalige Ortskräfte

In Afghanistan sind seit vergangenem Sommer wieder die militant-islamistischen Taliban an der Macht. Mit dem Abzug der letzten US-Soldaten vom Flughafen Kabul war Ende August 2021 der internationale Afghanistan-Einsatz nach fast 20 Jahren zu Ende gegangen. Pakistan hat als Nachbarland Afghanistans zahlreiche Flüchtlinge aufgenommen. Das Land ist wichtigste Drehscheibe bei den Bemühungen der Bundesregierung, ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr und besonders Schutzbedürftige sowie ihre Familienangehörigen aus Afghanistan nach Deutschland zu holen.

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Zardari forderte die internationale Gemeinschaft und die islamische Welt zum gemeinsamen Handeln auf, „damit wir besser in der Lage sind, dafür zu sorgen, dass das afghanische Regime den internationalen Verpflichtungen nachkommt“. So könne ein Umfeld geschaffen werden, „das die Wahrscheinlichkeit terroristischer Aktivitäten verringert und nicht erhöht“. Der Minister forderte zudem die Freigabe der finanziellen Vermögenswerte Afghanistans. Dies wäre nach seinen Worten entscheidend für die Stabilisierung der Wirtschaft des Landes.

Baerbock ist zwei Tage in Pakistan

Zum Auftakt ihres zweitägigen Besuches in Pakistan hatte Baerbock gemeinsam mit Zardari eine Pinie als Zeichen für den Klimaschutz gepflanzt. Anschließend wollte sie sich in der Pass- und Visastelle der deutschen Botschaft in Islamabad ein Bild der Lage machen. Am Nachmittag stand ein Gespräch mit Afghaninnen und Afghanen auf dem Programm, die über Pakistan nach Deutschland ausreisen wollen. Später wollte sie sich auch mit Premierminister Shehbaz Sharif treffen.

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Seit dem Rückzug der internationalen Truppen konnten nach Angaben aus der Bundesregierung gut zwei Drittel der Menschen, die aus Deutschland eine Aufnahmezusage erhalten hatten, auch ausreisen. Etwa 10.000 Menschen warten demnach noch. Bei den Ortskräften liege das Verhältnis von bereits erfolgten Einreisen zu Aufnahmezusagen bei gut 70 Prozent, bei den gefährdeten Personen bei rund 50 Prozent.

Bundesregierung sucht nach Ausreisemöglichkeiten

Das Tempo der Einreisen habe sich seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan Mitte August 2021 im laufenden Jahr deutlich erhöht, heißt es weiter. So seien allein seit Januar gut 12.000 Personen nach Deutschland eingereist, 2021 seien es rund 7000 gewesen. Insgesamt seien fast 19.000 Visa vergeben worden, davon fast 14.700 durch die deutsche Botschaft in Islamabad.

Zwar sucht die Bundesregierung nach weiteren Ausreisemöglichkeiten etwa über Usbekistan und Tadschikistan, die Hauptausreiseroute bleibe aber jene über Pakistan. So seien mehr als 14.000 Personen mit mehr als 70 Charterflügen über Islamabad nach Deutschland ausgereist.

RND/dpa

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