Übung und militärpolitische Gespräche

„Sicherheit Litauens ist auch unsere Sicherheit“: Verteidigungsminister Pistorius besucht Nato-Partner

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht beim Besuch des deutschen Einsatzkontingents Enhanced Forward Presence zu den Soldaten.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht beim Besuch des deutschen Einsatzkontingents Enhanced Forward Presence zu den Soldaten.

Vilnius. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat dem Nato-Verbündete Litauen einen militärischen Schutz „ohne Wenn und Aber“ zugesichert. Bei seinem ersten Besuch in dem Land äußerte sich der SPD-Politiker am Dienstag zugleich skeptisch zu Aussichten, dauerhaft eine deutsche Kampfbrigade - etwa 5000 Männer und Frauen - zu stationieren, wie es aus Litauen gefordert wird. „Die Idee ist, dass einzelne Truppenteile, möglicherweise auch die gesamte Brigade, immer wieder nach Litauen verlegt werden, um hier zu üben. Das ist der Plan“, sagte Pistorius.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas bekräftigte bei einem Treffen mit Pistorius in Vilnius den Wunsch, Deutschland möge eine Kampftruppenbrigade permanent in seinem Land stationieren. Er sehe Russland bereit für eine lange Konfrontation. „Litauen strebt nach einer dauerhaften Präsenz der deutschen Brigade in Litauen, weil die Nato-Verteidigungslinie hier anfängt“, sagte er. Sein Land setze bereits einen Plan für den Bau der Infrastruktur um, den er Pistorius vorgestellt habe. Im Juli ist in Vilnius das Nato-Gipfeltreffen angesetzt.

+++ Alle aktuellen News und Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine lesen Sie in unserem Liveblog. +++

Boris Pistorius: „Sicherheit Litauens ist auch unsere Sicherheit“
06.03.2023, Litauen, Rukla: Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht beim Besuch des deutschen Einsatzkontingents Enhanced Forward Presence zu den Soldaten. Deutschland hat die Führung der Battlegroup in Litauen. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Baltenstaat will mehr Präsenz der Bundeswehr als Rückversicherung der Militärallianz gegen eine russische Aggression.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Pistorius besuchte am frühen Morgen auf dem Truppenübungsplatz Pabrade rund 600 deutsche Soldaten, die dort zusammen mit den Litauern in einem verschneiten Waldgebiet den Kampf gegen einen möglichen Aggressor üben. Er dankte ihnen für ihren Dienst, der ein Beitrag zur Abschreckung sei. Nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 wuchs bei östlichen Nato-Partnern der Argwohn gegen Russland. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor einem Jahr verstärkte die Nato ihre Präsenz entlang ihrer Ostflanke weiter.

Deutschland hält seit Herbst vergangenen Jahres die Panzergrenadierbrigade 41 „Vorpommern“ zur Verteidigung Litauens bereit. Sie ist dort mit einem vorgeschobenen Brigadegefechtsstand präsent und soll Waffen und Material im Land vorhalten. Im Spannungsfall soll so eine umgehende Verlegung der restlichen Soldaten möglich sein. In Litauen wird darauf gedrungen, dass Deutschland mit möglichst vielen Soldaten und auf Dauer präsent bleibt.

Deutsche und Litauer trainierten seit Tagen mit der Übung „Griffin Lightning“ Abläufe in der Verstärkung sowie im Gefecht. Die Übung sei eine „absolute Hochwertressource“, sagte Oberstleutnant Alexander Döge, dessen Soldaten am Dienstag das Einbrechen in gegnerische Stellungen sowie die Gegenwehr übten. Die Soldaten waren schon seit einigen Tagen bei Minustemperaturen unterwegs. „Wir sind über eine Strecke von 1200 Kilometern in fünf Tagen aus unserem Heimatstandort Torgelow anmarschiert“, sagte er. Ein anderer Soldat verwies darauf, dass diese Art der Landes- und Bündnisverteidigung den Grundfertigkeiten der Bundeswehr näher sei als die Missionen im ferneren Ausland.

„Bis 1990 war die Bundesrepublik Deutschland die Ostflanke. Unsere Sicherheit wurde gewährleistet durch die Nato und ihre Verbündeten“, sagte Pistorius. Und heute seien „Polen, das Baltikum und andere Länder die Ostflanke“. Deutschland stehe mit „sehr starken Kräften hier“. „Keine der anderen Nationen hat mehr als wir hier, soweit ich das überblicken kann und auch vor allen Dingen so beständig“, sagte Pistorius zum Nato-Engagement im Baltikum. In Litauen sind derzeit etwa 1450 deutsche Soldaten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der litauische Präsident Gitanas Nauseda hatten im Juni die Truppenstationierung als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine vereinbart. Allerdings wird die Übereinkunft unterschiedlich ausgelegt. So geht die Regierung in Vilnius davon aus, dass eine komplette Brigade mit wechselnder Besetzung vor Ort in Litauen stationiert wird. Die Bundesregierung dagegen hat wiederholt erklärt, eine kampfbereite Brigade für Litauen vorzuhalten, die teils in dem Baltenstaat und teils in Deutschland stationiert ist. Im Spannungsfall solle sie binnen zehn Tagen komplett schnell verlegbar sein.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Innenpolitische Diskussionen

Die Frage einer Dauerpräsenz der Kampfbrigade sorgte in Litauen für innenpolitische Diskussionen. So geht die Regierung in Vilnius davon aus, dass eine komplette Brigade mit wechselnder Besetzung vor Ort in Litauen stationiert wird. Die Bundesregierung dagegen hat wiederholt erklärt, eine kampfbereite Brigade für Litauen vorzuhalten, die teils in dem Baltenstaat und teils in Deutschland stationiert ist. Im Spannungsfall solle sie binnen zehn Tagen komplett verlegbar sein.

Zuletzt beharkten sich vor allem der litauische Präsident Gitanas Nauseda und Außenminister Gabrielius Landsbergis, der auf eine vom Staatschef brüsk zurückgewiesene nochmalige Formalisierung der Vereinbarung pochte. In einem Interview Anfang März verglich Landsbergis die Situation mit der Brigade bildlich mit dem „Fangen eines Aals im Wasser mit bloßen Händen“. Litauen müsse die Infrastruktur für die deutsche Brigade schaffen, obwohl es keine endgültige Antwort dazu gebe, ob und wann diese in Litauen eintreffen werde.

Von deutscher Seite wird darauf verwiesen, dass letztlich erst die Nato eine Richtungsentscheidung darüber treffen müsse, wie der Schutz an der Ostflanke des Bündnisses aussehen sollte.

Nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 wuchs bei östlichen Nato-Partnern der Argwohn gegen Russland. Schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine vor einem Jahr verstärkte die Nato deswegen ihre Präsenz entlang ihrer Ostflanke. Die multinational aufgestellten Verbände sollen deutlich machen, dass ein Angriff vom gesamten Bündnis erwidert würde. Deutschland hat die Führung des Gefechtsverbands in Litauen („Rahmennation“) und stellt auch Panzer, Panzerhaubitzen und Flugabwehrsysteme.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Litauen: Nato-Manöver an der Grenze zu Russland
26.10.2022, Litauen, Pabrade: Soldaten nehmen an der Militärübung «Iron Wolf II» auf dem Truppenübungsplatz Pabrade teil. Der belgische König machte sich zusammen mit Litauens Präsident Nauseda ein Bild von dem zweimal jährlich abgehaltenen, knapp zweiwöchigen Manöver, an dem etwa 3500 Soldaten aus zehn Nato-Ländern und 700 Militärfahrzeuge beteiligt sind. Foto: Dirk Waem/BELGA/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

An der Militärübung in Litauen sind mehr als 3500 Soldaten aus Litauen und acht weiteren Nato-Ländern beteiligt, darunter auch aus Deutschland.

In dieser Woche soll eine Übung abgeschlossen werden, bei der litauische und deutsche Soldaten die Verteidigung gegen einen Aggressor trainieren. Die Soldaten aus Deutschland waren dafür seit dem 20. Februar ins Baltikum verlegt worden - auf dem Seeweg, im Straßenmarsch durch Polen und per Flugzeug. Den Abschluss bildet ein sogenanntes Gefechtsschießen, bei dem 72 Stunden lang im „scharfen Schuss“ geübt wird.

RND/dpa

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken