Nach Zugunglück mit giftigen Chemikalien

Donald Trump in Ohio: PR-Show an Unglücksort

Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, spricht bei der Feuerwehr von East Palestine, während er das Gebiet nach der Entgleisung des Norfolk-Southern-Zuges am 3. Februar in East Palestine besucht.

Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, spricht bei der Feuerwehr von East Palestine, während er das Gebiet nach der Entgleisung des Norfolk-Southern-Zuges am 3. Februar in East Palestine besucht.

Washington. Unter seiner blauen Anzughose lugten derbe Lederstiefel hervor. Auf dem Kopf thronte ein rotes „Make America Great Again“-Käppi. „Sie haben nichts für euch getan“, rief Donald Trump den Zuhörenden in der örtlichen Feuerwache zu: „Aber wir stehen euch bei!“ Dann ließ er ein paar Tausend Flaschen Wasser verteilen. Einige hatten ein edles blaues Etikett mit einem Fantasiewappen. „Passt auf, dass ihr das Trump-Wasser bekommt“, riet der Ex‑Präsident: Das andere habe „eine sehr viel schlechtere Qualität“.

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Der hastig organisierte Kurzbesuch von Trump in dem von einer Umweltkatastrophe heimgesuchten Ort East Palestine in Ohio am Mittwoch hatte alle Merkmale einer politischen Publicity-Show. Stundenlang mussten seine Anhängerinnen und Anhänger im Regen ausharren. Die Schulen blieben geschlossen, um die Straßen für die Wagenkolonne des republikanischen Präsidentschaftskandidaten frei zu halten.

Zum Abschied zu McDonald’s

Für die Hintergründe des desaströsen Unglücks, bei dem vor drei Wochen ein 2,8 Kilometer langer Güterzug mit 150 Waggons voller giftiger Chemikalien entgleist, teilweise in Brand und anschließend kontrolliert abgefackelt worden war, interessierte sich Trump eher wenig. Dafür besuchte er eine McDonald’s-Filiale, um sich vor laufenden Kameras für den Rückflug demonstrativ mit Hamburgern einzudecken. „Ich kenne die Speisekarte besser als alle anderen hier“, brüstete er sich. Zum Abschied rief er den Wartenden zu: „Habt viel Spaß!“

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Doch trotz dieser bizarren Szenen bereitet der populistische PR‑Gag des Ex‑Präsidenten der Biden-Regierung heftige Kopfschmerzen. Kurz nach dessen Bekanntwerden kündigte Verkehrsminister Pete Buttigieg für diesen Donnerstag ebenfalls einen Besuch in dem Katastrophen-Ort an. Präsident Joe Biden versicherte den Einwoh­nerinnen und Einwohnern über Twitter, dass sie seine Unterstützung hätten. Und das Weiße Haus betonte, Biden habe aus Warschau mehrere Telefonate mit den Gouverneuren von Ohio und dem Nachbarstaat Pennsylvania sowie mit dem Chef der Umweltbehörde EPA, Michael Regan, geführt, um über die Situation auf dem Laufenden zu bleiben.

Tote Fische und Haustiere beunruhigen die Bevölkerung

Ob das reicht, um den Unmut vor Ort einzufangen, ist fraglich. Bei der Verbrennung der krebserregenden Chemikalie Vinylchlorid war Anfang des Monats nämlich ein gewaltiger schwarzer Rauchpilz aufgestiegen, und die giftigen Gase Chlorwasserstoff und Phosgen wurden freigesetzt. Seither klagen viele der 5000 Bewohner von East Palestine über Augenreizungen, Kopfschmerzen und Übelkeit. Im Ohio River und seinen Zuflüssen wurden Tausende tote Fische gefunden. Im Internet kursieren Bilder von verendeten Haustieren und Füchsen, die angeblich seit dem Unfall gestorben sind.

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Zwar haben Messungen der EPA weder in der Luft noch im Wasser noch in einigen Hundert Häusern gefähr­liche Konzentrationen von Giftstoffen festgestellt. Doch in der Bevölkerung herrscht große Verunsicherung über mögliche Langzeitfolgen und eine Vertrauenskrise gegen die Politik, die sich lange nicht um diese ländliche Gegend gekümmert hat. Dazu trug auch bei, dass renommierte US‑Medien zwei Wochen lang nicht über die Umweltkatastrophe berichteten. Umso dramatischer wurde der Vorfall in rechten Internetforen und beim rechten Sender Fox News zu einem „Tschernobyl in Ohio“ dramatisiert.

Vor diesem Hintergrund fällt Trumps Botschaft auf fruchtbaren Boden. „Ihr seid vergessen!“ rief er den Zuhörerinnen und Zuhörern zu. Hinter ihm stand Trent Conaway, der örtliche Bürgermeister, der den derzeitigen Präsidenten Biden vor wenigen Tagen scharf angegriffen hatte: „Wir sind ihm egal“, kritisierte er dessen Kiew-Besuch: „Er gibt den Menschen dort drüben Millionen Dollar, nicht uns. Ich bin wütend.“ Das ist das Narrativ, das seit Tagen auch von Fox News bedient wird.

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Die Regierung hat den Vorfall zu technokratisch behandelt

Tatsächlich hat die Regierung rasch Fachleute an den Unglücksort geschickt, den Vorfall aber extrem technokratisch behandelt. Verkehrsminister Buttigieg erklärte ausdrücklich, er wolle sich aus der Sache heraushalten, solange die Ermittlungen zur Unglücksursache liefen. Auch EPA‑Chef Regan ließ sich erst nach zwei Wochen persönlich vor Ort blicken. „Ich hätte früher darüber reden können, wie stark mich dieser Vorgang berührt“, gestand Buttigieg nun in einem Fernsehinterview ein. Ansonsten versucht er die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Profitgier des Eisenbahnunternehmens Norfolk Southern und auf die von der Trump-Regierung gelockerten Sicherheitsvorschriften zu lenken.

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Die um ihre Zukunft bangenden Einwohner von East Palestine dürfte das weniger interessieren. Und die Republikaner samt ihrer Hilfstruppen tun alles, um deren Notlage für ihre Ziele zu nutzen. „Don hat geliefert“, jubelte der rechte Fox-Moderator Sean Hannity am Mittwoch. Im einstigen Swing State Ohio, der von Barack Obama noch gewonnen worden war und dann 2016 an Trump fiel, dürften die Demokraten künftig einen noch schwereren Stand haben. „Das Trump-Wasser hat den Linken den Rest gegen“, jubelte am Donnerstag Donald Trump Jr., der Sohn des Ex‑Präsidenten, schon bei Twitter.

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