Mutmaßliche Raubserie von Ex-Terroristen: Das letzte Rätsel der RAF

Ein Fahndungsplakat des LKA Niedersachsen mit der Fahndung nach zwei ehemaligen Mitgliedern der Rote-Armee-Fraktion (RAF), Burkhard Garweg (r) und Ernst-Volker Staub (l)

Ein Fahndungsplakat des LKA Niedersachsen mit der Fahndung nach zwei ehemaligen Mitgliedern der Rote-Armee-Fraktion (RAF), Burkhard Garweg (r) und Ernst-Volker Staub (l)

Hannover/Verden. Ein rätselhaftes Kapitel zur Geschichte der terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) in Deutschland ist noch offen: Drei Ex-Terroristen scheinen weiter im Untergrund zu leben, in einer Serie brutaler Raubüberfälle haben sie mehrere Hunderttausend Euro erbeutet.

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Vor fünf Jahren am 18. Januar 2016 berichtete der NDR, dass Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette noch aktiv sind. Die Polizei wies mit DNA-Spuren nach, dass sie unter anderem im Juni 2015 in Stuhr bei Bremen versucht hatten, einen Geldtransport auszurauben. Gefunden wurde das Trio seitdem nicht, auch wenn die Bundesrepublik es 2020 sogar europaweit suchen ließ.

„Es ist verrückt, dass diese Personen für die Polizei noch immer nicht zu fassen sind“, sagt der Jurist und RAF-Experte Butz Peters. Zu der Fahndung gebe es nichts Neues, teilt die Staatsanwaltschaft Verden mit. Dort laufen die Ermittlungen in der Raubserie zusammen.

Drei Jahrzehnte RAF-Terrorismus

Linksterroristen von der RAF hatten ab 1970 drei Jahrzehnte lang Angst und Schrecken in der Bundesrepublik verbreitet, sie ermordeten mehr als 30 Menschen. 1977 erschütterte der sogenannte Deutsche Herbst das Land. Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde ermordet, die Lufthansa-Maschine „Landshut“ entführt, inhaftierte RAF-Mitglieder begingen Suizid im Gefängnis Stuttgart-Stammheim.

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Wie DNA-Spuren belegen, waren Staub, Garweg und Klette 1993 am Bombenanschlag auf die neue Justizvollzugsanstalt Weiterstadt in Hessen beteiligt. Sie werden von Experten zur letzten, sogenannten dritten Generation von RAF-Terroristen gezählt.

Die Entführung von Hanns Martin Schleyer am 5. September 1977 durch die RAF und seine Ermordung am 18. Oktober 1977 waren die zentralen Ereignisse des sogenannten Deutschen Herbstes.

Die Entführung von Hanns Martin Schleyer am 5. September 1977 durch die RAF und seine Ermordung am 18. Oktober 1977 waren die zentralen Ereignisse des sogenannten Deutschen Herbstes.

Dieser Generation werden unter anderem die Morde an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen 1989 und am Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder 1991 zur Last gelegt. 1998 erklärte sich die RAF für aufgelöst.

Rein kriminelle Zwecke

Die Taten von Staub, Garweg und Klette seitdem haben nach Ansicht der Behörden mit linkem Terror nichts mehr zu tun. Es gehe darum, sich Geld für das Leben im Untergrund zu beschaffen. „Heute ist das Altersvorsorge oder Altersversorgung“, sagt auch Peters. Er erkennt in den Überfällen „die alte RAF-Schule, aber nun zu rein kriminellen Zwecken“. Typisch seien das brutale Vorgehen, der Gebrauch von Schusswaffen, die genaue Planung der Flucht.

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Zwölf Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 ordnet das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen dem Trio zu. Ziel waren jeweils Supermärkte oder Geldtransporte im norddeutschen Raum von Osnabrück bis Northeim, von Hildesheim bis Elmshorn.

Die Täter kauften Wochen vorher gebrauchte Autos, setzten am Tatort Schusswaffen ein, flohen und fackelten später die Fluchtautos ab. Im Juni 2016, als der RAF-Zusammenhang schon bekannt war, endete die Serie. Die Beute in Cremlingen bei Braunschweig: 600.000 Euro.

Seit mehr als vier Jahren keine Spur

Danach – und das ist viereinhalb Jahre her – habe sich die Spur der Gesuchten verloren, teilte das LKA in Hannover mit. Der Umkreis der Taten legt ein Versteck in Norddeutschland nahe, es gab auch Spuren in die Niederlande.

Doch das LKA will über den Aufenthaltsort nicht spekulieren und auch nicht darüber, ob das Trio sich auf andere Wege der Geldbeschaffung verlegt hat. Es könne „keine Aussage zu möglichen Aktivitäten der Gesuchten getroffen werden“, sagt LKA-Sprecherin Katrin Gladitz.

Nach der europaweiten Fahndung vom Mai 2020 seien 206 Hinweise eingegangen, sagt sie. „Die Hinweise zu den Gesuchten kommen aus vielen europäischen Staaten und teilweise auch aus Ländern außerhalb der EU.“ Allen Hinweisen werde nachgegangen, ein abschließendes Ergebnis gebe es nicht.

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Für die historische Einordnung des RAF-Terrors spiele das Untertauchen dieser drei Täter keine Rolle, meint Peters. „Das letzte Kapitel der RAF stammt von 1998. Jetzt sind wir im Bereich der Nachgeschichte.“ Neue Einsichten ließen sich nur erwarten, falls andere frühere Terroristen auspacken, sagt er. Doch er halte es für ausgeschlossen, dass die RAF-Mitglieder ihr Schweigegelübde brechen.

Diese anderen RAF-Täter, auch die früher in der DDR versteckten Aussteiger, haben ihre Strafen abgesessen und sind wieder in Freiheit. „Sie können wieder normal leben“, sagt Peters. „Aber diese drei sind dazu „verurteilt“, in einer Art Illegalität weiterzuleben.“ Dabei ist Staub nun 66 Jahre alt, Garweg ist 52 und Klette 62.

RND/dpa

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