Russlands Teilmobilmachung: Zahlreiche Staaten wollen Deserteuren die Einreise verweigern
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Menschen, die mit Autos und Bussen aus Russland anreisen, stehen am Grenzübergang Vaalimaa in Finnland Schlange, um die Grenze nach Finnland zu überqueren. Männer im wehrpflichtigen Alter flohen am Freitag in Scharen aus Russland, füllten Flugzeuge und verursachten Staus an den Grenzübergängen, um zu vermeiden, dass sie nach der Teilmobilmachung des russischen Militärs durch den Kreml zum Kampf in der Ukraine eingezogen werden.
© Quelle: Jussi Nukari/Lehtikuva/AP/dpa
Kiew. In der EU ist eine Debatte über den Umgang mit vor der Einberufung zum Kriegsdienst fliehenden russischen Männern entstanden. Während Deutschland und Frankreich Aufnahmebereitschaft signalisierten, sprachen sich baltische Staaten und Finnland am Sonntag zum Teil scharf dagegen aus. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte im US-Fernsehsender CBS, die Teilmobilmachung sei ein Zeichen der Schwäche: „Sie (die Russen) haben zugegeben, dass ihre Armee nicht mehr in der Lage ist, mit der Ukraine zu kämpfen.“
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Auch am Sonntag wurden wieder Proteste in russischen Städten gegen die Einberufung von Reservisten gemeldet. In Berlin wurde erwogen, russischen Kriegsdienstflüchtlingen Asyl zu gewähren. Ähnlich in Paris: 40 Senatoren erklärten, die „Schließung unserer Grenzen würde weder unseren Werten noch unseren Interessen dienen“. Fliehende Russen abzuweisen wäre „ein Fehler Europas“.
Aus den baltischen Staaten Lettland und Litauen sowie aus Finnland und der Slowakei kamen hingegen ablehnende Äußerungen. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis verwies darauf, dass diese Fluchtbewegung acht Monate nach Kriegsbeginn einsetze. Er twitterte: „Russen sollten bleiben und kämpfen. Gegen (Präsident Wladimir) Putin.“
Lettland und Finnland haben Sicherheitsbedenken
Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics sagte, der Exodus stelle „beträchtliche Sicherheitsrisiken“ dar. Die Flüchtenden könnten nicht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, weil sie nichts getan hätten, als Russland am 24. Februar in der Ukraine einmarschierte. Viele hätten „kein Problem mit dem Töten von Ukrainern gehabt, sie haben damals nicht protestiert“, twitterte er. Er fügte hinzu, es gebe für sie „viele Länder außerhalb der EU“, in die sie gehen könnten.
Finnland erklärte, es beabsichtige eine erhebliche Einschränkung der Einreisen von Russen über seine Grenze mit Russland. Ein Oppositionspolitiker, Petteri Orppo, bezeichnete die russischen Reservisten als offensichtliches Sicherheitsrisiko und betonte: „Wir müssen unsere nationale Sicherheit an erste Stelle setzen.“
Das Ukraine-Nachbarland Slowakei lehnte die generelle Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer ab. „Die Slowakei beurteilt jeden Einzelfall individuell“, erklärte Außenamtssprecher Juraj Tomaga am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Slowakei vergebe zwar grundsätzlich Visa aus humanitären Gründen, es gebe aber keine eindeutige Regel, nach der auch Kriegsdienstverweigerung als Grund dafür ausreiche.
Proteste gegen Mobilmachung: Hunderte Festnahmen in Russland
Bei Protesten gegen die Mobilmachung in Russland sind laut einer Menschenrechtsorganisation am Samstag erneut zahlreiche Demonstranten festgenommen worden.
© Quelle: Reuters
Dass manche russische Staatsbürger den Eindruck hätten, die Slowakei würde die Erteilung von Visa - nicht nur aus humanitären Gründen, sondern zum Beispiel auch zu Studienzwecken - bewusst verzögern, liege aber vor allem daran, dass Russland „durch eine unbegründete Entscheidung“ das Personal der slowakischen Vertretungen in Moskau und St. Petersburg reduziert habe. Der Sprecher spielte damit auf einen diplomatischen Streit zwischen der Slowakei und Russland an. Die Slowakei hatte Ende März 35 Mitarbeiter der russischen Botschaft wegen Spionageverdachts ausgewiesen, worauf Moskau reziprok reagierte.
RND/AP/dpa