Ex-Spielerin von Turbine Potsdam

Athletic Bilbao ehrt Jennifer Zietz mit dem One-Club-Award

Bei Athletic Bilbao wird nur auf Spieler und Spielerinnen aus dem Baskenland gesetzt – der Verein ehrte nun Jennifer Zietz für ihre Vereinstreue.

Bei Athletic Bilbao wird nur auf Spieler und Spielerinnen aus dem Baskenland gesetzt – der Verein ehrte nun Jennifer Zietz für ihre Vereinstreue.

Bilbao. Die Emotionen überrannten sie, so wie Jennifer Zietz einst selbst die Gegenspielerinnen auf dem Fußballplatz niedergekämpft hatte. „Mir waren die Tränen in die Augen gestiegen. Vor Freude, vor Überwältigung, vor Stolz“, sagt sie. Im Mittelkreis des Stadions San Mamés stand Zietz am Samstagabend, mehr als 40 000 Fans klatschten bei stehenden Ovationen für sie und für etwas, das die 38-Jährige selbst als „für mich völlig Normales“ bezeichnet. Die frühere Kapitänin des Frauen-Bundesligisten 1. FFC Turbine Potsdam erhielt vom Verein Athletic Bilbao den One-Club-Award – eine Auszeichnung für Fußballerinnen und Fußballer, die im Erwachsenenbereich ihre sportliche Laufbahn bei einem einzigen Club verbracht haben. Die gebürtige Rostockerin spielte seit der Jugendzeit von 1998 insgesamt 17 Jahre lang bis zum Abpfiff ihrer Karriere für die Turbinen.

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Maier, Puyol, Giggs, Maldini, Wunderlich

Den seit 2015 verliehenen Preis kannte Zietz zuvor nicht. Aber nach der Kontaktaufnahme durch Bilbaos Verantwortliche vor wenigen Wochen belas sie sich zum Hintergrund. Athletic setzt seit 1912 nur auf Spieler beziehungsweise Spielerinnen, die aus dem Baskenland kommen oder bei einem baskischen Verein ausgebildet wurden. Loyalität, Engagement, Verantwortung, Sportsgeist und Respekt definiert der Club als seine Werte und möchte mit dem Award auch besondere Treue bei anderen Vereinen honorieren. Zu den männlichen Preisträgern gehören Sepp Maier (13 Saisons für Bayern München), Carles Puyol (15 Saisons für den FC Barcelona), Ryan Giggs (23 Saison für Manchester United) sowie Paolo Maldini (25 Saisons für den AC Mailand). Nach Malin Moström (13 Saisons für Umeå IK) und Pia Wunderlich (16 Saisons für den 1. FFC Frankfurt) ist Zietz die dritte Frau, die ausgezeichnet wurde.

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Mit ihrer Familie war die einstige Mittelfeldspielerin nach Bilbao gereist. Viele Gespräche, ein Einblick in die hochprofessionelle, große Akademie der „Löwen“ sowie eine Stadionmuseumstour und gleich zwei Momente der Verneigung vor ihr standen auf dem Programm. Sowohl beim Erstligaspiel von Bilbaos Frauen gegen Teneriffa (2:1) als auch der Männer gegen Atlético Madrid (2:0) wurde Zietz als Award-Gewinnerin 2022 auf dem Rasen präsentiert. Sie bekam den Pokal in Form eines Handschlags sowie ein Bilbao-Trikot mit ihrem Namen und ihrer Rückennummer 14.

„Viele haben mich belächelt“

Jene 14 auf dem Turbine-Dress stand immer für Verlässlichkeit. Zietz war Arbeiterin auf dem Feld, Anführerin und das stets bleibende Gesicht des Teams. Sechs deutsche Meisterschaften, drei DFB-Pokaltriumphe sowie zwei Europapokaltitel holte sie mit Potsdam. „Wir waren erfolgreich und hatten coole Mannschaften. Aber das Siegen allein ist nicht am wichtigsten. Auch der Nicht-Erfolg war sehr wertvoll – das ist Charakterschulung. Man darf nicht abhauen, wenn es schwierig wird“, sagt die Europameisterin von 2009. „Viele haben mich belächelt, dass ich so lange bei Turbine war. Aber ich habe es nie bereut.“

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Die Konsequenz, mit der Athletic Bilbao seine Philosophie vertritt, imponiert ihr deshalb. „Es ist beeindruckend, wie das umgesetzt wird – und auf welchem Level.“ Das Männerteam ist neben Real Madrid und dem FC Barcelona das einzige Gründungsmitglied der Primera División, das noch nie abgestiegen ist. Achtmal wurde die spanische Meisterschaft gewonnen, 23-mal der Pokal. Die Frauen schafften fünf Meistertitel, allerdings wurde Zietz berichtet, dass es bei ihnen immer schwieriger werde, ausreichend gute Spielerinnen aus dem Baskenland zu finden und dann auch wie gewünscht über längere Zeit zu halten.

Daher wurde die Ex-Turbine gefragt, ob sie Bilbaos Modell überhaupt für zukunftsfähig halte. Klare Antwort: Ja. „Aber man muss sich bewusst sein, dass dann nicht immer die ganz großen Erfolge kommen werden.“ Mit Teams wie Barcelona und Madrid, die sich viel verstärken, mitzuhalten, sei schwer. „Doch man kann Spielerinnen und Persönlichkeiten formen, dadurch ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen lassen und so ein Aushängeschild mit riesiger Identifikationskraft in der Region sein.“

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„Das war nicht der Verein, den ich kannte“

Ein Aspekt, der traditionell auch beim 1. FFC Turbine Potsdam greifen soll. Zietz freut sich, dass nach eher mageren Jahren aktuell wieder Großes möglich ist: Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation als Bundesliga-Dritter greifbar, dazu die Titelchance im DFB-Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg. Als Potsdam letztmalig im Cup-Endspiel stand – 2015 ein 0:3 gegen Wolfsburg – lief Zietz noch selbst auf. Nach dem Karriereende brachte sich die Clubikone als Co-Trainerin und Leistungssportkoordinatorin ein, ehe sie sich zurückzog, den Fokus voll auf die Arbeit als Teamleiterin für Gesundheitsmanagement bei der AOK Nordost legte.

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Vor gut einem Jahr hatte sich Zietz vorstellen können, wieder mehr bei Turbine zu machen, „nachhaltige Strukturen zu fördern“, wie sie sagt. Zietz gehörte zum Team ihrer einstigen Mitspielerin Tabea Kemme, die damals um die Präsidentschaft kandidiert hatte, aber letztlich in der Mitgliederwahl gegen den langjährigen Amtsinhaber Rolf Kutzmutz gescheitert war. Rund um dieses Duell hatte sich eine regelrechte Schlammschlacht entwickelt. „Da hat mir das Herz geblutet. Das war nicht der Verein, den ich kannte, wofür er so lange stand – für Zusammenhalt“, sagt Zietz. Es sei nicht um eine Ablösung gegangen, betont sie, vielmehr darum, eine gemeinsame Zukunft zu entwerfen. „Aber da ist kommunikativ viel falsch gelaufen und daher zu Bruch gegangen.“

Grundsätzlich sei sie offen, irgendwann wieder bei Turbine mitzuwirken, nur müssten dafür die Rahmenbedingungen passen, sagt Zietz. „Und am Ende darf es immer nur um eines gehen: den Verein.“ Ihren einzigen.

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Von Tobias Gutsche

MAZ

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