Arbeitsministerium: Bei Öl und Pellets sind Jobcenter für Entlastungen zuständig
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Ölheizungen sind für das Klima eine Belastung.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp
Ringen Heizungsbesitzerinnen und -besitzer mit Kostensteigerungen bei Öl oder Pellets, steht ihnen nach dem Willen der Bundesregierung ein Gang zum Jobcenter bevor: Kosten für die Bevorratung mit Heizöl und Pellets würden von der Härtefallregelung für Mieter und selbst nutzende Eigentümer umfasst. „Diese Regelung ist Teil des Bürgergeldgesetzes“, sagte ein Sprecher des zuständigen Arbeitsministeriums am Montag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Demnach sollen die Zugangsvoraussetzungen für den einmonatigen Leistungsbezug „etwa durch eine längere rückwirkende Antragsfrist von drei Monaten“ angepasst werden. In Kraft treten solle die zeitlich befristete Regelung analog zum Bürgergeld am 1. Januar 2023. Die Abwicklung erfolge über die Regelsysteme zur Mindestsicherung, „im SGB-II-Bereich also durch die Jobcenter“, kündigte der Sprecher des SPD-geführten Ministeriums an.
Kein Entlastungsautomatismus bei Öl und Pellets
Damit steht fest, dass die Bundesregierung bei Öl und Pellets auf einen Entlastungsautomatismus wie bei der Gaspreisbremse verzichten will. Stattdessen soll vor allem das klassische Sozialsystem zum Zuge kommen. Das sieht schon jetzt Hilfsangebote nicht nur bei Arbeitslosigkeit, sondern auch bei einmaliger Überforderung etwa durch hohe Heizrechnungen vor. Bislang müssen dafür aber unter anderem Kontoauszüge vorgelegt werden, auch gibt es Vermögensgrenzen, wie die Verbraucherzentralen erklären.
Aus der SPD wurden am Montag denn auch Rufe nach weitergehenden Anpassungen bei der Regelung laut: „Dass Gaskunden unabhängig von ihrer persönlichen Vermögenssituation von den Energiekosten entlastet werden, Menschen mit Ölkessel aber ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, empfinden viele als ungerecht“, sagte Fraktionsvize Matthias Miersch dem RND. Er verwies darauf, dass vor allem abseits der Städte noch häufig auf Heizöl und Pellets gesetzt werde. „Wir müssen aufpassen, dass sich die Menschen auf dem Land in der Energiekrise nicht abgehängt fühlen“, warnte Miersch.
„Dass Gaskunden unabhängig von ihrer persönlichen Vermögenssituation von den Energiekosten entlastet werden, Menschen mit Ölkessel aber ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, empfinden viele als ungerecht.“
Matthias Miersch, SPD
SPD und Opposition sorgen sich um ländlichen Raum
Weil Heizöl und Pellets nicht über dauerhafte Versorgungsverträge, sondern über Einzelaufträge beschafft werden, könne anders als bei der Gaspreisbremse die Entlastung aber nicht über Versorger erfolgen. „Um ein Antragsverfahren werden wir nicht herumkommen“, sagte Miersch.
Ob dafür die Jobcenter die geeignete Stelle sind, bezweifelte seine Kollegin, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz: „Für viele Menschen stellt der Gang zum Jobcenter ein Hemmnis dar“, mahnte die Politikerin. „Wir sehen die Gefahr, dass Bedürftige den Härtefallantrag am Ende nicht stellen – und lieber frieren“, so Hubertz weiter.
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Ökonomin gegen Entlastungen mit der Gießkanne
Der Verzicht auf einen Entlastungsautomatismus bei Öl und Pellets hatte der Bundesregierung zuletzt scharfe Kritik eingebracht, sowohl von Verbraucherschützern als auch der Opposition. Unionsfraktionsvize Jens Spahn etwa sprach gegenüber der „Berliner Morgenpost“ von Ungerechtigkeit und forderte Nachbesserungen. „Die Ampel ist eine Großstadtkoalition“, warf er dem Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und FDP außerdem vor.
Derweil sehen Fachleute weiterhin keine Notwendigkeit, für die rund fünf Millionen Besitzerinnen und Besitzer von Öl- und Pelletheizungen ähnlich aufwendige Lösung wie für Gaskunden auf den Weg zu bringen: Auch deren Kosten dürften sich trotz der Gaspreisbremse Veronika Grimm zufolge verdoppeln. „Die Gaspreisbremse führt also dazu, dass die Kostenbelastung der Gaskunden in etwa das gleiche Niveau hat wie die der Öl- und Pelletkunden“, sagte die Ökonomin, die als Wirtschaftssachverständige die Bundesregierung berät, dem RND.
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© Quelle: dpa
Kriterien für Hilfsbedürftigkeit stehen noch nicht fest
„Wer auch dieses Niveau, also etwa doppelt so hohe Kosten, nicht alleine tragen kann, der sollte entlastet werden“, bekräftigte auch Grimm – und sprach sich klar für zielgerichtete Maßnahmen aus. Angesichts der hohen Energiekosten könne man nicht alle mit der Gießkanne auf das Vorkrisenniveau entlasten. „Wer es leisten kann, muss einen Teil des Wohlstandsverlustes mittragen“, meint die Energieökonomin aus Nürnberg.
Wie das genau ausgestaltet wird, dürfte in den kommenden Tagen in der Politik entschieden werden. Die SPD will jedenfalls noch Verbesserungen rausschlagen, eine ganz konkrete hatte Hubertz am Montag schon im Blick: „Der Nachweis, dass man seine Heizrechnung wirklich nicht mehr bezahlen kann, darf nicht das alleinige Kriterium sein.“