Das Wärmepumpenwunder ist immer noch gefährdet
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Eigentümer bekommen mit den Fördermitteln Unterstützung bei einer Sanierung ihres Gebäudes, die dauerhaft Energiekosten einspart.
© Quelle: Silas Stein/dpa
500.000 Wärmepumpen sollen in Deutschland ab 2024 jährlich installiert werden – und zumindest die Hersteller rechnen damit, die nötigen Geräte auch liefern zu können: Schon im kommenden Jahr dürften hierzulande 350.000 Wärmepumpen vom Band laufen, prognostizierte am Mittwoch der Bundesverband Wärmepumpe (BWP). Damit steht der Branche ein weiteres Jahr mit etwa 50 Prozent Absatzsteigerung bevor, obgleich es immer noch Risiken gibt.
Die Pumpen, die mit elektrischer Energie Wärme aus der Umgebungsluft, dem Grundwasser oder der Erde quasi verdichten, schonen nicht nur das Klima, sondern wegen hoher Gaspreise auf Dauer auch den Geldbeutel. Sechs Millionen Wärmepumpen sollen deshalb bis 2030 verbaut werden, so hat es die Bundesregierung angesichts der Energiekrise beschlossen. Für die Hersteller bringt das einen Kraftakt mit sich: „Wir kommen aus einer Produktionskapazität, die vorher für einen Markt von 150.000 ausgerichtet war. Die Nachfrage läuft aber jetzt eigentlich schon auf die 500.000 hinaus“, sagte der Leiter Politik des Verbands, Björn Schreinermacher.
Massive Ausweitung der Produktion
Bosch, Vaillant, Viessmann und andere haben längst hohe Investitionen in neue Werke angekündigt, zum Teil fließen in den kommenden Jahren Milliardensummen. Aktuell würden Betriebe außerdem auf Schichtbetrieb umstellen und Logistik sowie Materialbeschaffung optimieren, sagt Schreinermacher. Mancher Hersteller rücke die Wärmepumpe nun endgültig ins Zentrum, „da werden ganze Fertigungshallen umgewidmet“. Der Lohn der Mühen: Schon 2022 stieg die Zahl der gefertigten Wärmepumpen laut BWP um etwa 50 Prozent auf 235.000.
Das Ziel von 500.000 Wärmepumpen jährlich rückt nun in greifbare Nähe – jedenfalls, was die Produktionskapazitäten anbelangt. Allerdings mangelt es an Handwerkern, um die Geräte einzubauen und einzustellen. „Eine Wärmepumpe muss ordentlich installiert, regelmäßig gewartet und die Einstellung einem sparsamen Betrieb angepasst werden“, betont etwa Martin Steinestel, Heizungsexperte bei der Verbraucherzentrale NRW.
Handwerker sehen Wärmepumpe als neue Standardheizung
Während dafür ein halbes Jahr oder mehr Wartezeit momentan keine Seltenheit ist, versprechen die Bemühungen des Handwerks laut Schreinermacher aber bald Besserung: „Unser Eindruck ist, dass SHK-Betriebe sukzessive die Wärmepumpe als neue Standardheizung annehmen.“ Entsprechende Schulungen seien sehr stark nachgefragt worden und zuletzt komplett ausgebucht gewesen.
Etwa ab Mitte des Jahrzehnts drohten aber erneut Probleme: „Mittelfristig könnten die Engpässe auch aufgrund des Fachkräftemangels größer werden“, warnt Schreinermacher. Die Handwerksbetriebe sollten sich deshalb auch für Quereinsteiger öffnen. Auch müssten Kammern, Innungen und Zentralverbände jetzt die Ausbildung anpassen, „damit beispielsweise Azubis jetzt ausreichend über Wärmepumpen lernen“.
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Hohe Stromkosten gefährden Wärmepumpen-Hochlauf
Sorgenvoll blickt die Branche außerdem auf den Strommarkt: Wärmepumpen sind in der Anschaffung teurer als viele fossile Heizsysteme, beim Betrieb hängt der Kostenvorteil vom Verhältnis des Strompreises zu dem fossiler Energieträger ab. Die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe bietet laut Verbraucherschützer Steinestel grobe Orientierung: „Liegt sie beispielsweise bei 3,5, sind die Betriebswärmekosten im Arbeitspreisanteil niedriger, solange Strom nicht mehr als 3,5-mal so viel wie Gas kostet.“
Die Rechnung ging wegen der Kapriolen auf dem Gasmarkt zuletzt klar zugunsten der Wärmepumpe aus. Doch ab dem kommenden Jahr werden Energierechnungen vorübergehend bezuschusst, 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs sollen bis 2024 bei Strom 40 Cent und bei Gas 12 Cent je Kilowattstunde kosten. Den Kostenvorteil im Betrieb habe das etwas relativiert, meint Schreinermacher.
Während auch mit den gedeckelten Preisen die Betriebskosten bei Wärmepumpen etwas niedriger sein dürften, ist vor allem die langfristige Preisentwicklung entscheidend: „Anders als die Gasbranche rechnen wir nicht damit, dass der Gaspreis auf lange Sicht wieder auf 12 Cent pro Kilowattstunde sinkt“, sagt Schreinermacher. Trotzdem wären weitere Entlastungen beim Strom ihm zufolge zielführend: „Wenn man Elektrifizierung will, muss man wie beim Gas auch bei Strom die Mehrwertsteuer senken“, fordert er.