Wie abhängig ist Deutschland von China?
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Xi Jinping, Präsident von China, erhebt während einer Rede sein Glas.
© Quelle: Nicolas Asfouri/Pool AFP/AP/dpa
Deutschland hat sich im ersten Halbjahr 2022 wirtschaftlich noch abhängiger von China gemacht als bisher. Die Importe aus China und das deutsche Handelsdefizit erreichten ein Allzeithoch und Deutschlands Wirtschaft investierte im ersten Halbjahr etwa 10 Milliarden Euro in China – so viel wie noch nie. „Die deutsche Wirtschaft ist sehr viel abhängiger von China als umgekehrt und bereits bis 2021 nahm die Abhängigkeit fast stetig zu“, heißt es in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Der chinesische Absatzmarkt und die dort kurzfristig winkenden Gewinne erscheinen schlichtweg zu attraktiv zu sein.“
Wenn China in Taiwan einmarschieren würde – warum wäre das schädlich für Deutschland?
Dabei wächst die Gefahr, dass China in Taiwan einmarschiert und der Westen als Reaktion umfassende Wirtschaftssanktionen gegen China verhängt. „Bei in China besonders exponierten deutschen Unternehmen könnte das dann absehbar kollabierende China-Geschäfts durch Einbußen auf der Absatzseite möglicherweise sogar in die Pleite führen“, warnt Studienautor Jürgen Matthes.
Wie viele Arbeitsplätze sind vom deutschen Export nach China abhängig?
China zählt bei den deutschen Exporten zu den wichtigsten Handelspartnern. „Mit einem Anteil von 7,5 Prozent ist China nach den USA die zweitwichtigste Exportdestination für deutsche Produkte“, erläutert Alexander Sandkamp, Experte für die deutsch-chinesische Handelspolitik am Kiel Institut für Weltwirtschaft. „Würde Deutschland keine Produkte mehr nach China exportieren, dann würde das die deutschen Unternehmen schwer treffen“, sagt er im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Etwa 12 Prozent der deutschen Importe kommen aus China. Bei einigen Produkten ist Deutschland besonders abhängig. „80 Prozent der Laptops stammen aus China und 70 Prozent der Handys“, sagt Sandkamp. Während Deutschland immer mehr Produkte aus China kauft, wachsen die deutschen Exporte in das Land kaum noch, analysiert die IW-Studie. Dabei hängen am deutschen Export rund eine Million Arbeitsplätze.
Deutschland: Wie sieht die Zukunft der Handelsbeziehung zu China aus?
Deutsche Unternehmen denken jetzt zunehmend über eine Diversifizierung ihrer Handelsverflechtungen nach. „Wir hören von ersten Firmen, dass sie sich jetzt neu orientieren, aber es gibt noch keine genauen Zahlen dazu“, sagt IW-Studienautor Jürgen Matthes dem RND. Das beobachtet auch Wirtschaftsexperte Sandkamp. „Die Unternehmen lassen mehr in Deutschland und Europa fertigen, aber auch in anderen Ländern als China.“ Trotzdem ist China Deutschlands größter und wichtigster Handelspartner. „Wenn wir nicht mehr mit China handeln würden, hätten wir erhebliche Wohlstandseinbußen“, betont Sandkamp.
Wie genau die Diversifizierung der Handelsbeziehungen in Zukunft aussehen soll, ist noch völlig ungeklärt. Laut Matthes muss die Politik den neuen Kurs erst noch abstecken:. „Bedeutet das, wir handeln mit China in Zukunft weniger, genauso viel oder soll der Handel nur geringer als mit anderen Staaten wachsen?“ Klar sei allen, dass es nicht um einen vollständigen Abbruch der Handelsbeziehungen geht.
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Wie verändert China seine Wirtschaftspolitik – und wieso?
Doch auch in China verändert sich die Wirtschaftspolitik: Mit dem 14. Fünfjahresplan will das Land zu einer stärker binnenmarktorientierten Volkswirtschaft werden und investiert mehr in die heimische Wirtschaft als zum Beispiel in Deutschland.
Der Umfang der chinesischen Investitionen in Deutschland ist laut Sandkamp heute „überschaubar“. Er erklärt: „Es stechen immer wieder einzelne Megadeals hervor, aber davon abgesehen ist das Investitionsvolumen Chinas hierzulande recht gering.“ In der Vergangenheit hat China vor allem in deutsche Unternehmen aus dem Transportsektor investiert, gefolgt von der Immobilien- und der Technologiebranche. Es seien aber vor allem einzelne Großinvestitionen gewesen, so Sandkamp, wie die Übernahme von 20 Prozent an Daimler durch zwei chinesische Konzerne 2018 und 2019. „Wir sehen keinen Ausverkauf der deutschen Wirtschaft nach China“, so das Fazit des Experten.
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