Autobahnen und Klimaschutz

Pläne des Verkehrsministers: breitere Autobahnen für 30 Milliarden Euro

Autos stehen auf der Autobahn 8 in Fahrtrichtung München im Stau.

Autos stehen auf der Autobahn 8 in Fahrtrichtung München im Stau.

Frankfurt am Main. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will in den nächsten Jahren mindestens 30 Milliarden Euro für die Verbreiterung von Autobahnen auf sechs, acht und zehn Spuren und für den Ausbau von Knotenpunkten ausgeben. Das geht aus einer Analyse der Umweltorganisation BUND hervor, die dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

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Es handele sich dabei um 115 Vorhaben zur sogenannten Engpassbeseitigung, die im Bundesverkehrs­wegeplan (BVWP) als „vordringlicher Bedarf“ und „fest disponierte Projekte“ kategorisiert seien – mit einer Streckenlänge von rund 1300 Kilometern. Für diese will der Minister in der Bundesregierung ein „überragendes öffentliches Interesse“ durchsetzen. Das würde beschleunigte Genehmigungs­verfahren bringen, bei denen unter anderem Güterabwägungen und Prüfungen von natur- und klimafreundlichen Alternativen wegfallen.

Ende Januar hatte der Koalitionsausschuss der Ampel getagt und über den Vorstoß des Verkehrsministeriums verhandelt. Eine Einigung konnte zunächst nicht erzielt werden. Vor allem die Grünen lehnen einen weiteren Autobahnbau ab. In Medienberichten war von insgesamt 144 Projekten die Rede. Die Expertinnen und Experten des BUND gehen deshalb davon aus, dass möglicherweise weitere Vorhaben hinzugefügt oder Projekte neu zugeschnitten wurden.

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80 Naturschutzgebiete sind bedroht

Die Auswertungen der Umweltorganisation, die auf Daten des Informationssystems zum BVWP beruhen, ergeben, dass allein durch den Ausbau selbst und den nachfolgenden Betrieb in der Kategorie „vordinglicher Bedarf“ jedes Jahr zusätzlich mindestens 410.500 Tonnen CO₂ in die Luft geblasen werden. Dabei handele es sich „um das absolute Minimum“, da die Emissionen, die durch die Bauarbeiten entstehen, „nicht umfänglich“ abgebildet würden. Zudem würden große Teile des sogenannten induzierten Verkehrs vernachlässigt. Dabei handelt es sich um einen Effekt, der in vielen Studien nachgewiesen wurde: Ein Ausbau von Straßen macht die Nutzung des Pkw und den Gütertransport mittels Lkw attraktiver und erzeugt damit zusätzlichen Verkehr.

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Der BUND verweist dabei auf Auswertungen der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages. Der Effekt des induzierten Verkehrs sei insbesondere dort zu beobachten, wo bereits heute ein erhöhtes Verkehrsaufkommen vorherrsche, heißt es in der Analyse. Ferner würden wertvolle Naturräume in Mitleidenschaft gezogen. BUND-Chef Olaf Bandt betont: „Der Autobahnausbau würde über 80 ökologisch wertvolle Naturschutz­gebiete zerstören.“ Zugleich würden mit der Engpass­beseitigung aber keine Staus verhindert werden.

Denkfabrik sieht massive Mängel im Verkehrswegeplan

Der BUND-Vorsitzende macht zudem darauf aufmerksam, dass die Umsetzung der Vorhaben nicht nur Milliarden Euro verschlingen, sondern auch Planungs­kapazitäten binden würde, die „man dringend für den Erhalt bestehender Brücken, Straßen oder für Verbesserungen im Schienennetz“ brauche. Wenn Wissing tatsächlich Staus verhindern wolle, müsse er auf den Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen verzichten. Den Bundesverkehrs­wegeplan hält Bandt in seiner jetzigen Form für ein untaugliches Mittel: „Um die Klimaziele zu erreichen, dürfen zukünftig nur noch Verkehrsprojekte umgesetzt werden, welche nachweislich den Ausstoß von Klimagasen verringern.“

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Auch die Denkfabrik Agora Verkehrswende attestiert dem BVWP, der insgesamt weit mehr als 1000 Projekte für den Zeitraum 2016 bis 2030 auflistet, in einer aktuellen Studie massive Defizite. „Erst den Kurs auf Klimaschutz ausrichten, dann den Turbo einlegen – das sollte bei der Planung von Straßen, Schienen und Wasserwegen gelten“, so Urs Maier, Projektleiter Energie und Infrastruktur bei Agora. Es sei nicht mehr zeitgemäß und angemessen, die Planung der Verkehrs­infrastruktur auf dieser Grundlage zu beschleunigen. Der BVWP hat ein Gesamtvolumen von mindestens 270 Milliarden Euro.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es vor allem an einer an politischen Zielen orientierten Strategie für die Entwicklung der Verkehrsnetze mangele. Die Prognose für das Jahr 2030 schreibe bestehende Trends fort und gehe von einem immer weiter steigenden Verkehrsaufkommen aus. Eine negative CO₂-Bilanz von Straßenprojekten werde dabei in Kauf genommen. Ferner sei die Finanzierung der zahlreichen Projekte nicht gewährleistet.

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