Zehn Jahre Flixbus: die Firma, die wenig verraten will
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Zehn Jahre gibt es Flixbus nun schon.
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München. Grüne Flix-Busse gehören in Deutschland zum vertrauten Straßenbild. Auch Flix-Züge sind Reisenden ein Begriff. Sonst aber macht sich das vor zehn Jahren von drei Studenten gegründete Start-up-Unternehmen für Mobilität rar. Die Pressekonferenz, zu der es am Mittwoch in München mit großer Werbetrommel geladen hat, ist erst die dritte in der Firmengeschichte. Sie soll eine neue Offenheit markieren.
„Wir sind normalerweise zurückhaltend, aber heute ist das anders“, verspricht Flix-Chef und Mitgründer André Schwämmlein, als er am Münchner Firmensitz vor Dutzenden interessierten Journalisten das Podium betritt. Einen historischen Rückblick will er geben, aber auch erstmals Geschäftszahlen nennen und einen Ausblick auf die Zukunft. Was folgt, ist sehr bedingt von Offenheit geprägt.
Flix hadert mit dem 49-Euro-Ticket
Rasch geht es um die Auswirkungen des ab Mai bundesweit erhältlichen 49-Euro-Tickets. Flixbus möchte in dieses Angebot integriert werden, sagt der Firmenchef. „Wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, wir bringen auch Kuchen mit“, sagt er mit Verweis auf die eigene Marktmacht. Flix-Fernbusse würden das Ticket attraktiver machen und brächten zudem klimapolitischen Mehrwert. Man stehe in Gesprächen mit dem Bundesverkehrsministerium.
Verkehrsminister Wissing wirbt für digitales 49-Euro-Ticket
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat für die geplante elektronische Form des künftigen 49-Euro-Tickets für Busse und Bahnen geworben.
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Würde Flix aber nicht Bestandteil des Tickets, müsse man vor allem auf Strecken zwischen 50 und 300 Kilometern reagieren, bedauert Schwämmlein. Dann werde Flix wohl einen Teil des deutschen Netzwerkes ausdünnen. Genaueres dazu ist ihm nicht zu entlocken. Das gilt auch für die Preispolitik. Natürlich sei Flix nicht immun gegen die Inflation und gebe Preissteigerungen teilweise an Reisende weiter. In welchem Ausmaß und wie stark die Preise nun genau erhöht werden, mag er aber nicht sagen. „Ziel ist es, der günstigste Anbieter zu bleiben“, erklärt der Flix-Gründer dazu lediglich.
Es folgt der Auftritt von Flix-Finanzchef Christoph Debus. Mit über 1,5 Milliarden Euro weltweitem Gruppenumsatz habe Flix 2022 das beste Jahr seiner zehnjährigen Firmengeschichte eingefahren und dabei 60 Millionen Passagiere befördert, verkündet dieser. Fast verdreifacht haben sich die Erlöse damit im Vergleich zum freilich noch stark von Corona-Reisebeschränkungen geprägten Jahr 2021. Aber auch die Umsätze des Jahres 2019 und damit von vor der Pandemie habe man übertroffen.
Flix hat bislang weltweit 300 Millionen Passagiere befördert
Eine große Kunst ist das aber nicht. Flix hat in den Pandemiejahren nicht nur die 2018 zugekaufte US-Ikone Greyhound integriert, sondern auch andere große Busmärkte wie Brasilien betreten oder die größte türkische Busgesellschaft Kamil Koc erworben. Genauere Auskünfte zum Wachstum speziell auch in Deutschland oder zum Geschäftsmodell bleibt Debus schuldig. Dieses Modell basiert auf Kooperation mit nationalen Busgesellschaften, die dann unter Flix-Marke fahren. „Wir teilen uns die Umsätze mit unseren Buspartnern fair“, sagt Debus ohne weitere Details. Ob oder wann ein Börsengang ansteht, will er auch nicht sagen. „Die Börse ist immer eine Option, aber im Augenblick sind wir gut finanziert“, erklärt der Finanzchef lapidar.
Unternehmen und Nachhaltigkeit
Flix wurde 2012 noch als GoBus von den drei Studenten André Schwämmlein, Daniel Krauss und Jochen Engert gegründet. 2013 folgt die Umfirmierung in Flixbus. Am 13. Februar des Jahres wurde unter diesem Namen eine erste Strecke von München nach Nürnberg in Betrieb genommen. Vor allem auch über Fusionen und Zukäufe wie Konkurrent Mein Fernbus in Deutschland oder Greyhound in den USA wuchs Flix zum nach eigenen Angaben größten Busunternehmen der Welt. In 40 Ländern Europas und Amerikas werden heute von gut 4000 Flix-Bussen über 5500 Ziele angesteuert. Flix-Züge gibt es bislang nur in Deutschland und in Schweden. Die Gruppe beschäftigt über 5000 Mitarbeiter. Flix fühlt sich nachhaltigem Reisen verpflichtet. Erste Elektrobusse sowie solche mit Solarpanelen und ein Biogasbus sind im Einsatz. Mit Daimler wurde ein Pilotprojekt für vollelektrische Fernbusse gestartet, mit den Zulieferern Freudenberg und ZF eines für mit grünem Wasserstoff betriebene Busse.
Letztes Jahr erstmals Gewinne
Wie gut Flix genau finanziert ist oder welche Investitionen geplant sind, bleibt offen. Die Aufnahme von Chile in der zweiten Hälfte 2023 ins Busangebot bleibt der einzige konkrete Expansionsschritt, der am Tag der neuen Offenheit genannt wird. Es gebe aber global noch viele Märkte, die auf eine grüne Revolution des Reisens warten, wie Flix sie verspricht, versichert Schwämmlein. So sei der weltgrößte Busmarkt Asien noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Der Mitgründer will aber nicht einmal den Zeithorizont nennen, in dem dort der erste Schritt anstehen könnte.
Auch das Bahngeschäft, das derzeit nur in Deutschland und Schweden betrieben wird, werde man ausbauen. Wann ungefähr und wo das möglicherweise geschieht, bleibt offen. Zu den rund 300 Millionen Passagieren, die Flix im vergangenen Jahrzehnt befördert habe, würden sicher bald viele mehr kommen, sagt Schwämmlein. Mindestens ein Fünftel mehr Umsatz sei 2023 angepeilt, kündigt Debus an.
Man wolle auch profitabler werden, nachdem voriges Jahr erstmals Gewinne geschrieben wurden. Diese Aussage gilt allerdings nur vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Genaue Zahlen gibt es selbst auf dieser wenig aussagekräftigen Basis nicht. Unter dem Strich dürften tiefrote Zahlen stehen. Auch in puncto Offenheit gibt es noch Luft nach oben.