Die IG Metall setzt in jeder Hinsicht auf Transformation
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Das Logo der IG Metall auf einem Banner.
© Quelle: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild
Frankfurt am Main. Mehr erneuerbare Energie, mehr Elektroautos nebst Ladesäulen, Ausbau der Wasserstofftechnologie. Dazu einen „echten Wumms“ beim Kampf gegen den Fachkräftemangel. Das fordert der scheidende Erste Vorsitzende der IG Metall Jörg Hofmann. Für die größte Einzelgewerkschaft der Welt muss 2023 ein Jahr der Transformation werden. Das gilt auch für die eigene Organisation. Vieles spricht dafür, dass demnächst eine Doppelspitze etabliert wird.
Die Nachfolge des 67-jährigen Hofmann, der im Oktober nach dem Gewerkschaftstag in Rente geht, ist derzeit das am intensivsten diskutierte Thema, wenn’s um die Metaller geht. Nach der bisherigen Nomenklatur der Gewerkschaft wäre Christiane Benner, die aktuell Zweite Vorsitzende an der Reihe und wäre die erste Frau an der Spitze der einst männerdominierten Organisation. Doch ausgerechnet jetzt kocht die Diskussion über die Doppelspitze hoch.
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2019: Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, gratuliert nach seiner Wiederwahl beim damaligen Gewerkschaftstag der IG Metall Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, zu ihrer Wiederwahl.
© Quelle: Daniel Karmann/dpa
„Wir müssen uns überlegen, was uns wirklich gut tut“
Dieses Thema werde aber nicht nur unter Frauen, sondern auch unter Männern diskutiert, sagte Benner am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz der IG Metall. Es gebe eine offene Debatte. Sie fügte hinzu: „Wir müssen uns überlegen, was uns wirklich gut tut“. Da sei dann auch wichtig, dass Teamkonstruktionen eine zunehmend Bedeutung hätten. Und auf Nachfrage betonte die 54-Jährige: „Wenn ich mir das nicht vorstellen könnte, würde ich nicht dafür werben.“ Das deutet darauf hin, dass ein Zweigestirn große Chancen hat.
Als Favorit für den Co-Vorsitz gilt Roman Zitzelsberger. Er ist ein erfahrener Tarifexperte und kommt als Stuttgarter Bezirkschef aus der Region, die man das Kernland der IG Metall nennen kann. Hofmann wollte sich am Donnerstag noch nicht vorwagen, er werde im Frühjahr einen Vorschlag für seine Nachfolge machen. Klar ist, dass für ein Duo an der Spitze die Satzung geändert werden müsste, die bislang klar in einen Ersten und einen Zweiten Vorsitzenden unterscheidet.
Stärker werden, wo neue Arbeitsplätze entstehen
Indes kehrte Benner hervor, dass sich auch in der Mitgliederschaft der IG Metall Bemerkenswertes tut. Im vorigen Jahr habe man fast 32.000 Angestellte geworben. „So viele wie noch nie.“ Dabei gebe es den größten Zuwachs bei den Ingenieurinnen und Ingenieuren. Das sei enorm wichtig. Denn die Gewerkschaft müsse da stärker werden, wo durch Klimaschutz und Digitalisierung neue Arbeitsplätze entstehen würden. Da gibt es für Arbeitnehmervertretende einiges zu tun: Regelungen für das Homeoffice und für neue, sogenannte agile Organisationen. Es gelte, brutalen Arbeitsdruck und Burn-outs zu vermeiden und kreative Freiräume zu organisieren.
Ein großer Erfolg wurde bereits in der eher gewerkschaftsfeindlichen IT-Branche errungen, und zwar bei SAP – Europas größter Softwareschmiede. Dort hat die Belegschaft ein IG-Metall-Mitglied zum Betriebsratschef gewählt, der jetzt vor allem gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern kämpft. Insgesamt schrumpfte 2022 die Zahl der IGM-Mitglieder leicht auf 2,14 Millionen. Zugleich wurden aber 117.000 neue Metallerinnen und Metaller aufgenommen.
„Verantwortungslos, wenn die Ausbildungsplätze weniger werden“
Benner geht es nicht nur um Hochqualifizierte. Sie beklagt auch, dass sich Deutschland trotz Fachkräftemangel 2,3 Millionen junge Frauen und Männer leiste, die keinen Berufsabschluss haben. Es reiche nicht, wenn Arbeitgeber den Mangel an Fachkräften beklagten, aber selbst zu wenig dagegen unternehmen. Auch der Erste Vorsitzende übte massive Kritik an Managern, aber auch an Politikerinnen und Politikern. Es sei ein Skandal, dass Hochschulen sich weigerten, Zahlen über Studienabbrecher zu nennen. Es sei eine Unterlassung, dass Kammern die Abbruchquoten bei den Azubis nicht senkten, und es sei verantwortungslos, wenn die Ausbildungsplätze weniger werden – ihre Zahl ist seit 2019 um fast 10 Prozent gesunken.
Hofmann appellierte, dass 2023 ein Jahr sozialökologischer Transformation werden müsse. Für ihn gibt es viel aufzuholen. So seien 2022 nur 17.000 statt notwendiger 130.000 neuer Ladepunkte errichtet worden. Beim grünen Wasserstoff gebe es derzeit eine Leistung von 65 Megawatt, es müssten aber 10.000 bis 2030 werden.