Cum-ex ist der Dieselskandal der Banken
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Am Landgericht Bonn machen schon die Türgriffe klar, worum es geht.
© Quelle: Thomas Banneyer/dpa
Eigentlich ist zu Cum-ex alles gesagt. Der Trick mit den Steuerbescheinigungen war ein Betrugssystem, ausgefeilt wie eine Serienproduktion. Die angebliche Gesetzeslücke, auf die sich Beteiligte lange beriefen, war in Wahrheit nur eine Lücke bei der Kontrolle – der Trick selbst aber immer illegal. Auch das Bankhaus Warburg hat inzwischen Steuern nachgezahlt.
Vor dem Landgericht Bonn versucht nun Christian Olearius zu erklären, wie er dabei als Warburg-Miteigner und Dreh- und Angelpunkt dieses überschaubaren Instituts juristisch sauber bleiben konnte – jedenfalls nach eigenem Verständnis. Von „steuereffizienten“ Geschäften war bankintern die Rede. Das erinnert nicht nur zufällig an die VW-interne Floskel, dass „innermotorische Maßnahmen“ die fabelhaften Abgaswerte ermöglicht hätten.
Angeblich ahnungslose Spitzenleute
Cum-ex ist der Dieselskandal der Finanzbranche. Der einzige Unterschied: Nicht die Kunden sind die Betrogenen, sondern der Staat. Der Steuerskandal hat ähnliche Dimensionen. Er entspringt der gleichen Einstellung, die für legitim hält, was dem Geschäft nützt. Es werden formale Gesetzeslücken herbeidefiniert, wo inhaltlich keine sind. Die Spitzenleute berufen sich auf eine Ahnungslosigkeit, die sie normalerweise vom ersten Tag an für ihren Job disqualifiziert hätte.
Und ist der Skandal ausgebrochen, sucht man hinter den Kulissen die Hilfe von Behörden und Politik. Olearius wandte sich an den damaligen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, um seiner Bank die fälligen Steuernachzahlungen zu ersparen. Dass der heutige Bundeskanzler auch mittels „Erinnerungslücken“ Distanz zu dem einst umworbenen Privatbankier hält, ist mehr als nur peinlich. Aber es passt in ein Muster, das Verantwortung irgendwo in der Hierarchie versanden lässt.